Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 114. Sitzung / Seite 9

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Der Gehalt dessen, was jetzt am 1. April 1998 in Kraft treten wird und nach dem Willen der Mehrheit dieses Hauses ursprünglich am 1. Jänner 2000 in Kraft treten hätte sollen, ist erkennbar verfassungswidrig, ist erkennbar europarechtswidrig. Das steht schon in den Erkenntnissen, die Sie seit zwei Jahren kennen. Diese Regelung ist eindeutig gleichheitswidrig, die Versicherungsansprüchlichkeiten werden nicht berücksichtigt, und sie hat enteignenden Charakter. Man könnte die Liste der Verfassungs- und Rechtswidrigkeiten beliebig lange fortsetzen.

Wir haben das im heutigen Arbeitsgespräch bereits getan. Wir haben uns die Freude gemacht, Ihnen das, was Sie ohnehin wissen, auch von Oppositionsseite her noch einmal zu sagen, damit wir Sie später darauf hinweisen können, daß Sie das wissentlich und nicht versehentlich so beschlossen haben. Es ist mir wichtig, das von diesem Pult aus sagen zu können, weil ich der Meinung bin, daß das nachlesbar sein soll. Es soll nachlesbar sein, daß Sie hier wissentlich ein europarechtswidriges, gleichheitswidriges und enteignendes Gesetz beschließen, nur damit sich im Bereich der Arbeitsmarktverwaltung auf der Kassenseite weiterhin Überschüsse entwickeln können, die Sie dann aber nicht in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren – nein! –, sondern zum Stopfen anderer Löcher, bei den Pensionen oder sonstwo, benützen. Und das ist nicht erfreulich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Nowotny: Ist das illegitim?)

Herr Kollege Nowotny! Das ist nicht illegitim, aber das ist eine Fehlverwendung von Mitteln. Oder sind Sie der Meinung, daß das frühzeitige Pensionieren ein probates Mittel aktiver Arbeitsmarktpolitik ist? Wenn Sie dieser Meinung sind, dann können wir darüber reden, aber ich glaube das nicht! (Abg. Dr. Nowotny: Wollen Sie die Pensionsbeiträge erhöhen?) Herr Kollege Nowotny! Wenn Sie so gerne über solche Themen diskutieren, dann kommen Sie doch einmal in den Sozialausschuß! Dort werden Sie Gelegenheit haben, ausführlich über solche Sachen zu diskutieren! Aber Sie können mich, nur weil Sie Finanzsprecher der SPÖ sind, nicht mit Ihren Zahlen schrecken! Denn es ist nicht gesagt, daß man, wenn man irgendwo Überschüsse hat, diese dann zweckentfremdet verwenden muß. Man könnte zum Beispiel auch die Sozialversicherungsbeiträge senken, wenn man schon meint, daß man sie für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht braucht. Es ist jedoch nicht gut, wenn man damit Löcher stopft! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Nowotny: Sollen die Pensionsversicherungsbeiträge erhöht werden? Sagen Sie doch, was Sie wollen!)

Verstehen Sie mich: Sie verschleiern die Kostenwahrheit! Da ist es mir lieber, wenn an der richtigen Stelle finanziert wird. Aber das ist nicht Thema der Debatte des heutigen Tages. (Abg. Dr. Nowotny: Es sollen also die Pensionsversicherungsbeiträge erhöht werden!) Bitte unterbrechen Sie mich nicht! Das wird mir nämlich langsam unangenehm. Ich bitte Sie herzlich: Unterbrechen Sie mich nicht! Wenn Sie mit uns diskutieren wollen, dann steigen Sie einmal aus den hehren Höhen des Finanzausschusses in die Niederungen des Sozialausschusses herunter und horchen Sie sich an, was dort diskutiert wird! Das wäre für Sie vielleicht recht lehrreich. Denn jemand, der sofort vom Geld zu reden beginnt, wenn es um soziale Ansprüche geht, der hat eine merkwürdige Einstellung zu diesem Problem, das muß ich Ihnen sagen!

Zuerst muß man das Problem definieren und überprüfen, wieviel man für dessen Lösung braucht, und dann muß man sich um die Finanzierung kümmern. Wenn sich dann herausstellt, daß durch die Finanzierung sogar mehr aufgebracht wird, als man für diesen Zweck braucht, dann ist das noch lange kein Grund, das Geld zweckentfremdet zu verwenden. – Es ist mir wichtig, das zu sagen. Ich meine, daß man das immer wieder sagen sollte, denn vielleicht höhlt dieser Tropfen irgendwann einmal auch diesen Stein.

Wenn ich Ihnen gesagt habe, daß Sie jetzt wissentlich etwas beschließen, was verfassungswidrig ist, so haben Sie das eigentlich schon 1997 getan, doch dadurch, daß das Gesetz ursprünglich erst mit 1. Jänner 2000 in Kraft getreten wäre, ist dieser Aspekt bisher nicht so stark aufgefallen. Jetzt verschaffen Sie immerhin allen Menschen, denen der Rechtsstaat wichtig ist, die Gelegenheit, diese Regelung, wie sie heute voraussichtlich von der Mehrheit beschlossen wird, spätestens ab 1. April 1998 bei den Höchstgerichten anfechten zu können. Sonst hätten wir bis zum 1. Jänner 2000 warten müssen. Das ist immerhin ein Vorteil.


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