Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 114. Sitzung / Seite 16

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Ich glaube, aus dieser Textierung ist klar erkennbar, daß der Verfassungsgerichtshof von seiner bisherigen Spruchpraxis abgewichen ist und hier diese Form der Interpretation vorgenommen hat. Ich möchte außerdem darauf verweisen, daß es auch Rechtsgutachten – etwa jenes von Herrn Professor Tomandl – gibt, in dem er die Meinung der Bundesregierung und der Mehrheit des Hohen Hauses geteilt hat, sodaß wir dementsprechend, auch auf diese Rechtsmeinung gestützt, die gesetzlichen Vorhaben zu realisieren versucht haben.

Erlauben Sie mir, auf eine zweite Passage in diesem Verfassungsgerichtshoferkenntnis zu verweisen, weil ja auch in Zweifel gezogen wurde, ob es für den Gesetzgeber zulässig ist, daß im vorliegenden Entwurf Kriterien für die Bezieher von Notstandshilfe formuliert werden. Auch dazu möchte ich kurz aus diesem Erkenntnis zitieren: "Es ist dem Gesetzgeber durch Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention keineswegs verwehrt, Voraussetzungen für den Erwerb oder den Umfang der Leistungsansprüche zu normieren." (Abg. Öllinger: Aber verfassungskonform!)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Öllinger! Wenn Sie dieses Verfassungsgerichtshoferkenntnis in seiner Gesamtheit lesen (Abg. Öllinger: Habe ich mehrmals!), dann werden Sie erkennen, daß auch der Verfassungsgerichtshof darin seine eigene Meinung unterschiedlich interpretiert und nicht klar sagt, daß die Notstandshilfe eine reine Versicherungsleistung ist, er sagt aber auch nicht, daß die Notstandshilfe eine reine Fürsorgeleistung ist. Statt dessen bekennt er sich zu der Mischform, die in unserem Sozialversicherungssystem die Norm ist. (Abg. Öllinger: Nein!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich betrachte es daher als absolut zulässig und richtig, daß hier im Hohen Haus nun ein Antrag diskutiert wird, der zum Gegenstand hat, daß jene ausführlich diskutierte Regelung, in der für die Kriterien der Notstandshilfe klar ein neuer Anspruchsberechtigungskomplex definiert wird, nun nicht mit dem ursprünglich in Aussicht genommenen Termin – dem 1. Jänner 2000 – in Kraft gesetzt wird, sondern in unmittelbarer Zukunft in Kraft tritt, um einerseits dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Rechnung zu tragen und andererseits keine Rechtsunsicherheit entstehen zu lassen und alle anhängigen Anträge in ordnungsgemäßer Form erfüllen zu können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Meiner Ansicht nach ist es sehr wichtig, nunmehr Rechtsklarheit herzustellen. Ich betrachte es auch als fair, daß seitens des Arbeitsmarktservice in Kenntnis der Tatsache, daß in wenigen Tagen Rechtsklarheit darüber bestehen wird, welche Kriterien für die Zuerkennung der Notstandshilfe durch den Gesetzgeber vorgegeben werden, vorerst keine Entscheidungen über aktuell eingebrachte Anträge getroffen werden. Denn es wäre unbillig, sich dann womöglich auf eine Situation zu beziehen, wonach eine Schlechterstellung im Vergleich zur Neuregelung gegeben wäre. Ich betrachte das als ein Gebot der Fairneß gegenüber den Kunden unseres Arbeitsmarktservice.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es ist auch wiederholt von den Kosten gesprochen worden. Ich gestehe, daß es sehr schwer ist, wirklich profunde und nachvollziehbar Berechnungen für potentielle, zukünftige Ansprüche anzustellen. Unser Arbeitsmarkt ist ein sehr lebendiger Arbeitsmarkt mit ständigem Wechsel und großer Fluktuation in den Betroffenheiten. Das ist auch der Grund dafür, daß wir, nachdem das Hohe Haus im vergangenen Jahr die neue gesetzliche Regelung beschlossen hatte, unmittelbar darauf begonnen haben, profunde Erhebungen zu pflegen, um genaues Datenmaterial über die wahrscheinlichen Betroffenheiten gemäß der neuen gesetzlichen Regelung zu erfassen.

Das Datenmaterial, das wir in den letzten Monaten erworben haben, hat uns in die Lage versetzt, nun präzisere Schätzungen – es sind nach wie vor Schätzungen – darüber anzustellen, welche Kosten entstehen werden, wenn mit 1. April die jetzt von Ihnen diskutierte Änderung in Kraft treten sollte. Diese unsere Schätzungen ergeben, daß für das Jahr 1998 ein Nettomehraufwand von 35 Millionen Schilling und für das Jahr 1999 ein Betrag von etwa 52 Millionen Schilling entstehen würde.


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