Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 29

Wahr ist doch vielmehr, daß dies in diesem Entwurf noch enthalten ist, und zwar mit den entsprechenden Inkrafttretungsbestimmungen, und daß es in jenem Entwurf, den Sie vorlegen, nicht drinnen ist. Das ist die Wahrheit! Wahr ist auch, daß Sie - und zwar als das Gentechnikgesetz in diesem Hause beschlossen wurde - versprochen haben, daß es Haftungsbestimmungen geben wird. Es bedurfte erst eines Volksbegehrens mit 1,2 Millionen Unterschriften, um Sie an Ihr Versprechen zu erinnern, das Sie jetzt schon wieder nur unzureichend erfüllen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das ist eine Vorgangsweise, meine Damen und Herren, mit der Sie garantiert keine Befriedung der Situation - und es herrscht in Sachen Gentechnik eine nicht befriedete Situation in Österreich - herbeiführen werden.

Betrachten wir im Zusammenhang mit den Haftungsregeln den Fall, daß es zu einer Verursachung durch mehrere Betreiber kommt. Während im Bereich der Atomhaftung die SPÖ zwar einen Durchgriff auf dahinterstehende wirtschaftlich potente Unternehmen haben will, soll nach dem Gentechnikgesetz zurzeit nur der Betreiber haften. Nun frage ich Sie: Was ist einfacher, als eine GmbH zu gründen, die über kein großes Kapital verfügt und dann noch in den Konkurs geschickt wird, falls irgend etwas schiefgehen sollte? Ein Durchgriff auf Dahinterstehende ist nicht möglich - jedenfalls nicht nach den Bestimmungen, die Sie im Ausschuß vorgelegt haben. Sie wollen zwar im Atombereich eine entsprechende Haftung haben, nicht aber im Gentechnikbereich.

Wenn es in der Folge darum geht, daß ein Schaden von mehreren Beteiligten verursacht wurde, dann sind die Geschädigten nicht dadurch geschützt, daß es eine Solidarhaftung gibt - daß nämlich jeweils jeder der Verursacher für den ganzen Schaden haftet -, sondern dann gibt es, wenn es sich beweisen läßt, eine Anteilshaftung. Da liegt ein ganz zentrales Problem, meine Damen und Herren. Kommt es dazu, daß eine Firma auf den gesamten Schaden geklagt wird, und es stellt sich in der Folge heraus, daß diese Firma nur zu einem bestimmten Prozentsatz für den Schaden verantwortlich ist und sie daher auch nur diesen Prozentsatz ersetzen muß, dann führt dies zu einer Kostenteilung des Verfahrens. Aber diese Kostenteilung des Verfahrens wird die geschädigten Personen schwer treffen. Daher wird niemand unter diesem besonderen Risiko der Kostenteilung, das bei einem teilweisen Obsiegen nun einmal existiert, eine Haftungsklage bei mehreren Verursachern einbringen, weil ein Geschädigter, wenn er nicht zu 100 Prozent mit seinem Anspruch durchdringt, neben dem Schaden, den er ohnehin schon persönlich hat, auch noch pleite gehen kann.

Es wäre fair gewesen, in Gentechnikbereich eine Solidarhaftung zu etablieren. Das wäre sowohl ein Mittel, mit dem man dem Geschädigten entgegenkäme, als auch eine Auflage, die jedem gentechnikbetreibenden Unternehmen in Österreich vorgeschrieben werden müßte. Doch Sie sagen, da passiere ohnehin nichts. Sie sagen: Wir sind zum einen nicht nur sehr vorsichtig, sondern die Technologie an sich ist auch nicht gefährlich! - Wenn sie nicht gefährlich ist, dann kann daraus kein Schaden entstehen. Aber wenn daraus kein Schaden entstehen kann, dann kann man dafür sehr offensiv haften. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Doch genau das wird nicht vorgesehen! Daher bestehen nach wie vor die Sorge und der Verdacht, daß die Gentechnik etwas ganz eklatant Gefährliches ist. Die Tatsache, daß die Haftungsausschlußgründe gegenüber dem Erstentwurf in Ihrem Antrag nach § 27 GOG auch noch dahin gehend ausgeweitet wurden, daß es auch noch wirtschaftlich zumutbar sein muß, ein Ereignis abzuwenden, und nicht nur dann ein Haftungsausschluß gegeben ist, wenn es eben ein Ereignis höherer Gewalt ist, kann doch nur den Umkehrschluß zulassen, daß auch von seiten der Gentechnologievertreter angenommen wird, daß da etwas passieren kann, das Ausmaße erreicht, die von einer einzelnen Firma haftungsmäßig nicht mehr abgedeckt werden können.

Jetzt bin ich genau bei jenem zentralen Punkt angelangt, der eigentlich erst zu diesem Volksbegehren geführt hat und dazu, daß es 1,2 Millionen Unterschriften erhalten hat. Dies zeigt doch, daß bei dem, was gemacht worden ist, genau diese Ängste nicht berücksichtigt wurden. Daher werden Sie in diesem Zusammenhang auch keine Beruhigung der Situation erreichen.


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