Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 48

Sie wissen genau, daß dieses Gentechnikgesetz von den Gerichten in Zukunft nach der Lex-posterior-Regel und nach der Lex-specialis-Regel anzuwenden sein wird, daß dieses neue Gesetz die alten Normen überlagert und daß es dem betroffenen, dem geschädigten Bürger nahezu unmöglich gemacht wird, zu seinem Schadenersatz zu kommen. Meine Damen und Herren, das ist bedauerlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es zeigt auch, wie mächtig die Konzerne hier sind. Wenn etwa die Obergrenze für den Schadenersatz bei 300 000 S gezogen wird, meine Damen und Herren, dann ist das einfach zum Lachen. (Abg. Ing. Reichhold: Da lachen ja die Hühner! Das ist Rechtsbruch!) Wissen Sie, wieviel das für einen Konzern ist? - Es gibt Konzernherren, die gehen um 300 000 S abendessen! Und das ist die Obergrenze für den Schadenersatz für den kleinen Mann und für den Bürger, meine Damen und Herren. Das ist bedauerlich, das ist schändlich!

Das Argument, das in diesem Zusammenhang immer wieder gebracht wird, daß die Konzerne dann nicht mehr in Österreich bleiben, daß die Gentechnikforschung nicht mehr stattfinden wird, hat der Herr Bundesminister Bartenstein selbst widerlegt. Er hat sehr richtig referiert, daß Amerika im Gentechnikbereich zehn Jahre Vorsprung hat. Meine Damen und Herren! Wissen Sie, daß Amerika eines der schärfsten Produkthaftungsrechte der gesamten Welt hat? - Und trotzdem ... (Abg. Dr. Lukesch, sich vom Platz erhebend: Aber jetzt kommt der Schluß!) - Eine Zwischenrede, gut. (Abg. Dr. Lukesch: Wie viele Schadenersatzprozesse wurden in gentechnischen Fragen in den USA angestrengt?! - Null, Null-Komma-Josef!)

Herr Professor! Sie haben Ihre Zwischenrede schlecht aufgebaut. Herr Bundesminister Bartenstein hat gesagt, zehn Jahre Vorsprung - und das trotz des schärfsten Produkthaftungsrechtes der Welt. Das zeigt, wie wenig stichhaltig Ihre eigenen Argumente sind.

Meine Damen und Herren! Es ist Zynismus, der aus Ihnen spricht. Sie brauchen wahrscheinlich so wie im Atomrecht ein Gentechnik-Tschernobyl, bis Sie umdenken werden, bis Sie nicht mehr auf die Konzerne hören, sondern wieder den Bürger, die Schädigung und das Gefahrenpotential für den Bürger im Auge haben. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.)

Ich wollte dem Herrn Bundesminister nur sagen, daß es besser gewesen wäre, er wäre beharrlich geblieben, er wäre Philosoph geblieben - um "Die Tröstung der Philosophie" der Spätantike noch einmal zu bemühen, meine Damen und Herren, Hohes Haus!

Es ist bedauerlich, daß man in dem Abänderungsantrag der Kollegin Rauch-Kallat in der Frage, wer Parteienstellung im Verfahren bekommt, sogar hinter das Baurecht zurückgegangen ist. Schreiben Sie doch hinein, daß Sie nur den Anrainer mit Parteienstellung ausstatten wollen und nicht den Nachbarn. Im Baurecht ist der Nachbar jeder, der vom Bauwerk betroffen ist, jeder, der von Emissionen betroffen ist. Aber Sie haben hier nur den Anrainer vorgesehen. Nur den Anrainer, den unmittelbaren Grundstücksnachbarn! (Abg. Dr. Krüger: Wenn ein Weg dazwischen ist, dann ist es kein Anrainer mehr!) Wenn dazwischen ein Bacherl, eine Straße, ein Fußweg ist, dann ist er schon kein Anrainer mehr. Dann kann er sich brausen gehen, seine Parteienstellung ist dahin.

Herr Bundesminister! Das geht weit hinter das gültige Baurecht zurück. Wenn ein Häuselbauer heute ein Einfamilienhaus baut, dann hat er mit Mehrparteienstellung seiner Nachbarn zu rechnen, als das in diesem Gesetz nach dem Abänderungsantrag der Kollegin Rauch-Kallat vorgesehen ist.

Meine Damen und Herren! Man sieht, wie eng man die Rechte des Bürgers gestalten möchte und wie weit man das Betätigungsfeld für mächtige, aber angeblich so arme Konzerne offen hält. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das, was Sie heute beschließen, ist ein Konzernrecht und kein Recht für den Bürger! Das ist äußerst bedauerlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit bin ich bei den demokratiepolitischen Implikationen dieses gesamten Volksbegehrens und seiner Behandlung im Parlament; diese Frage ist schon von einigen Vorrednern aufgeworfen worden. Meine Damen und Herren! Das, was die Koalition macht, ist - und an diesem


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