Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 49

Beispiel wird es besonders deutlich -, daß sie tagtäglich und nachhaltig das Verfassungsgefüge dieses Landes durcheinanderbringt, und zwar zum Nachteil der Bürgerrechte, zum Nachteil der Demokratie und zum Nachteil des Parlamentarismus.

Sie gehen mit den Betreibern des Volksbegehrens in einer Art und Weise um, wie das die Frau Kollegin Langthaler bereits beschrieben hat: Die Teilnehmer der Koalitionsparteien ziehen sich zur Befehlsausgabe in das Nebenzimmer zurück, kommen dann zurück und sagen den Volksbegehrensbetreibern, was sie überhaupt noch weiter in der Diskussion einzubringen haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Nichts Verhandelbares!)

Sie gehen mit den Volksbegehrensbetreibern und damit mit den Bürgern so um, daß der Bürger einfach in Resignation fallen muß! Wenn er sieht, wie man mit diesem, aber auch mit anderen Volksbegehren umgeht, dann muß er den Eindruck haben, es nützt überhaupt nichts, den Politikern mit seiner Unterschrift seine Meinung auszudrücken. Es nützt nichts, sich auf ein Gemeindeamt zu bemühen, um dort eine Unterschrift zu leisten und ein Anliegen zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Zum ersten Mal, Herr Kollege Khol, haben sich die Betreiber dreier Volksbegehren zusammengeschlossen zu einer "Initiative Direkte Demokratie" (der Redner hält eine Unterlage in die Höhe, die diese Überschrift trägt): die Betreiber des Frauen-Volksbegehrens, Frau Bundesministerin Prammer, des Gentechnik-Volksbegehrens und des Tierschutz-Volksbegehrens, und zwar deshalb, weil alle drei Volksbegehren von der Koalition mit Füßen getreten werden. Das ist das Ergebnis der Behandlung dieser Volksbegehren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher warnt Herr Waigel in Deutschland derzeit alle Demokraten vor der österreichischen Koalitionssituation. Er ermahnt sie, sich nur ja kein Beispiel an der österreichischen großen Koalition zu nehmen. Von den Sozialisten wird nämlich derzeit in Deutschland eine große Koalition ins Auge gefaßt. Waigel appelliert an sie, sich ja kein Beispiel an Österreich zu nehmen, weil das der Abgesang, der Schwanengesang der Demokratie wäre. - Und das ist im Falle der Behandlung dieser drei Volksbegehren in der Tat der Fall, meine Damen und Herren.

Da kommt immer wieder die Ausrede mit der Europäischen Union. Man redet sich auf eine Institution aus, die nicht einmal hinreichend demokratiepolitisch legitimiert ist. Man redet sich auf Institutionen aus und sagt: Der Parlamentarismus in Österreich hat keine anderen Möglichkeiten mehr. - Man sagt aber nicht dazu, daß man in Wirklichkeit dann aber auch die Parlamente verkleinern müßte, daß man dann den Bundesrat überhaupt abschaffen müßte. Und auch die Landtage könnte man schön langsam einsparen, wenn das so weiter geht, meine Damen und Herren.

Sagen Sie doch dem Bürger, daß er zwar keine Rechte mehr hat, aber daß er sich dann wenigstens nicht auch noch diese riesigen Apparate mit unzähligen Privilegienbeziehern leisten muß. Meine Damen und Herren! Sagen Sie das den Leuten! Sagen Sie das, dann werden Sie von den Leuten zumindest ernst genommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So wie das jetzt läuft, kann der Bürger nur den Eindruck haben, daß man das Parlament zu einem Marionettentheater der Bundesregierung verkommen läßt. Regierungsgesetzgebung ist an der Tagesordnung; das haben wir ja heute gesehen. Ich wiederhole: Regierungsgesetzgebung ist an der Tagesordnung!

Mit einer Geschäftsordnungsreform, meine Damen und Herren - Frau Kollegin Langthaler von den Grünen, das ist eben eine Sünde gewesen, daß Sie damals zugestimmt haben -, hat man diesem Parlament einen Maulkorb umgehängt. Das hat sich gestern gezeigt, das zeigt sich heute, das zeigt sich in den Ausschüssen, und das wird sich auch in der Zukunft zeigen. Die große Koalition mißbraucht ihre absolute Macht schamlos!

Untersuchungsausschüsse werden nicht zugelassen. Das Kontrollrecht des Parlaments wird mit Füßen getreten. Der Rechnungshofunterausschuß - da sind die Grünen ebenfalls Leidtragende, so wie wir - ist zu einer Institution verkommen, mit der sich die Regierung ... (Abg. Dr. Gredler: Hätten Sie gestern zugestimmt!) Nein, meine liebe Frau Kollegin! Daß Sie sich hierher gestellt


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