Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 73

worden, den Initiatoren des Gentechnik-Volksbegehrens Medizinfeindlichkeit und in entsprechender Form auch das Abdrehen der Gentechnik in der Medizin unterstellen zu wollen. Die heutigen beiden Wortmeldungen haben deutlich und klargemacht - und auch der vorliegende Bericht sagt es deutlich und klar -, daß das nie das Interesse der Initiatoren war.

Ich möchte auch deutlich machen, daß in einer Zeit, in der es eigentlich Standard ist, eine Abschätzung der Folgen der Technologie in allen Bereichen, von der Telekommunikation bis zur Kraftfahrtechnik, von der Lebensmitteltechnologie bis hin zur Produktion von Sportartikeln vorzunehmen, hier so getan wird, als ob das gleiche im Bereich der Gentechnik nicht zulässig wäre.

Ich sage aus meiner Sicht und in contrarium zu Frau Kollegin Pittermann: So wie Sie gefordert haben, Frau Kollegin Pittermann, daß andere Meinungen zulässig sein müssen, so fordere ich Sie auch von seiten der Opposition auf: Respektieren Sie die anderen Meinungen der Abgeordneten der Opposition! Technologiefolgenabschätzung ist auch im Rahmen der Gentechnik nicht nur erwünscht, sondern in unserer Zeit, dem Zeitgeist entsprechend, auch im Rahmen des wissenschaftlichen Fortschrittes auf allen Ebenen erforderlich.

Ich glaube daher, daß es falsch wäre, hier einen Paravent zu errichten, der die Abschätzung der Folgen der Technik im Bereich der Gentechnologie nicht vorsehen würde. Die Versuche in dieser Richtung waren in diesem Unterausschuß mannigfaltig. Ich möchte durchaus der ÖVP-Fraktion attestieren, daß sie Vorreiter dafür war, diese Technologiefolgenabschätzung im Bereich der Gentechnik nicht zuzulassen. Ich glaube, daß Kollege Schwimmer sich geirrt hat. Nicht Kollege Schweitzer war auf dem Verliererweg, denn jene, die versucht haben, eine Methode, die heute gang und gäbe ist, nämlich die Technologiefolgenabschätzung, auch für den Bereich der Gentechnik vorzusehen, sind nicht die Verlierer, sondern diejenigen, die auf dem Stand der Wissenschaft, auf dem Stand der Erkenntnis und vor allem auf der Seite der Demokratie und der Bürger sind.

Ich glaube, Herr Kollege Schwimmer, Sie werden in der nächsten Zeit noch eines Besseren belehrt werden. (Abg. Dr. Schwimmer: Herr Kollege Haupt! Das ist eine Verwechslung! Ich habe das nicht gesagt! Da muß ich wieder eine tatsächliche Berichtigung machen!) Sie werden erkennen müssen, daß die Position, die die ÖVP-Fraktion im Ausschuß gezeigt hat, weder die Haltung der fortschrittlichen Wissenschaft noch der fortschrittlichen Forschung noch die Haltung der relevanten Kräfte in diesem Staat ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. - Bitte, Herr Abgeordneter.

12.55Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Anführungszeichen: "Wir kümmern uns prioritär um die Chancen für dieses Land und befassen uns danach mit den Risken." Anführungszeichen geschlossen. - Kein Zitat von mir, es stammt auch von keinem ÖVP-Politiker, gefällt mir aber trotzdem sehr gut. Es stammt vom deutschen SPD-Kanzlerkandidaten Schröder, und er hat dies gerade auch in Hinblick auf die Debatte zur Gentechnik in Deutschland geäußert.

Ich würde persönlich gar nicht so weit gehen, wie er geht. Ich würde keine Gewichtung oder Prioritätenreihung vornehmen, sondern ich würde sagen, diese beiden Dinge gehören gleichwertig nebeneinandergestellt, aber sie gehören auch nicht umgedreht in ihrer Bedeutung.

Die Ängste der Bevölkerung zum Thema Gentechnik und Biotechnologie sind vorhanden. Wir müssen sie ernst nehmen, wir haben sie auch ernst genommen, auch im Lichte der Tatsache, daß es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse über Gefährdungen und schon gar nicht über Gesundheitsschädigungen und -beeinträchtigungen gibt - und das trotz bereits 25 000 Freisetzungen weltweit in den letzten zehn Jahren.


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