Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 74

Die Kollegin Langthaler hat vor einiger Zeit das Thema Arbeitsplätze und die Diskussion mit der Industriellenvereinigung angesprochen und auch eine Prognos-Studie, über die diskutiert wurde, zitiert. Ich glaube nicht, Kollegin Langthaler, daß Sie da mit dem Generalsekretär der Industriellenvereinigung Lorenz Fritz auf einen von Ihnen zitierten Konsens oder eine Übereinstimmung gekommen sind, denn in einer heutigen APA-Meldung bezeichnet er es nach wie vor als bedauerlich, "daß in Zeiten nationaler Anstrengungen für die Freilegung von Beschäftigungspotentialen eine der dynamischsten Wirtschaftsbranchen der Zukunft grundlegend in ihren beschäftigungsrelevanten Entfaltungsmöglichkeiten behindert werde". - Also das scheint offensichtlich nicht der Fall gewesen zu sein. (Abg. Ing. Langthaler: Die Industriellenvereinigung hat gesagt, sie werde nicht mehr von 50 000 Arbeitsplätzen sprechen!)

Das nicht, aber er zitiert weiterhin Prognos, in deren Studie offensichtlich steht, daß die Frustration seitens der Unternehmen angesichts der Überregulierung zu einer akuten Umorientierung und Abwanderung der Forschungsabteilungen in das europäische Ausland führe und diese Abwanderung langfristig nur dazu führe, daß Forschung und Entwicklung im Ausland stattfänden, die Produkte dann aber in Deutschland verkauft würden, womit selbstverständlich keine Wertschöpfung und keine Arbeitsplätze generiert werden könnten.

Die Gentechnikgegner werfen den Befürwortern immer Einseitigkeit vor. Die Gegner werfen auch der einschlägigen Wirtschaft immer rein materielle Interessen und das Handeln nach diesen Interessen und Motiven vor. Ich würde meinen, wenn man ehrlich ist, dann muß man auch in Richtung der NGOs sagen: In beiden Bereichen steht es bestenfalls 1 : 1 zwischen der Wirtschaft und diesem Bereich der Gesellschaft. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold.)

Bitte, natürlich gebe ich zu, daß die Wirtschaft einschlägige Interessen hat - es wäre schlimm, wenn es anders wäre -, aber ich behaupte, daß bei den NGOs ähnlich gelagerte Interessen, nur halt in die andere Richtung, gegeben sind. (Abg. Ing. Reichhold: Du hast gesagt, materielle Interessen!)

Genau in diesem Lichte muß man auch die Motive der Gegner, muß man letzten Endes auch das Volksbegehren und dessen Zustandekommen sehen. Hier haben Gegner ein Volksbegehren formuliert, von dem sie heute selber sagen - Zitat im heutigen "Kurier" von Frau Sima -: "Uns ist schon klar, daß man die Forderungen nicht eins zu eins umsetzen kann", von dem sie also selber sagen, die Forderungen sind in dieser Formulierung, in dieser Ausprägung nicht umsetzbar. Was ist das jetzt? - Manipulation? (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Jedenfalls hatten die Unterzeichner keine Wahlmöglichkeiten bei den Formulierungen. Es gab Besorgnis und Ängste bei den Unterzeichnern, aber sie hatten keine Wahl in der Formulierung. Sie haben jene Formulierungen, die sich - was vielleicht schon von vornherein klar war - nun als nicht umsetzbar herausstellen, selbstverständlich akzeptiert, weil sie ihrer Sorge Ausdruck geben wollten.

Aber was steckt dahinter? - Als nächsten Schritt interpretieren die Proponenten den Text des Volksbegehrens bereits nach ihren eigenen Vorstellungen. Ich als Mitglied dieser gesetzgebenden Körperschaft erlaube mir aber, den Text und die Unterschriften auf meine Weise zu interpretieren, und ich nehme mir auch das Recht heraus, daraus für mich persönlich eine Entscheidung abzuleiten. Klar ist, daß der Inhalt dieses Volksbegehrens vom Gesetzgeber nicht einfach 1 : 1 umzusetzen ist - denn dann würde es so in unserer Verfassung stehen -, sondern daß er eine Aufforderung einer Gruppe, die einseitig ausgerichtete Interessen vertritt, ist, sich damit zu beschäftigen. Das ist legitim und soll so geschehen. Es ist aber genauso legitim und für uns sogar eine Verpflichtung, zwischen diesen Interessen und den Interessen anderer Gruppierungen einen Interessenausgleich herzustellen. Das ist bei der Behandlung dieses Volksbegehrens in einem Maße gelungen, wie wahrscheinlich selten zuvor.

Auf jeden Fall kann man dem Ergebnis der Behandlung dieses Volksbegehrens, welches mit der Änderung des Gentechnikgesetzes nun auf dem Tisch liegt, sicher nicht unterstellen, daß es


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