Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 78

Die Mehrheit der Bevölkerung in Österreich weiß sehr wohl, was der kontrollierte Einsatz der Gentechnik bedeutet und wie weitreichend dieser Faktor ist. Diese Verantwortung hat die Arbeit der sozialdemokratischen Fraktion im Sonderausschuß geprägt. Diese Verantwortung hat uns dazu bewogen, dem vorliegenden Kompromiß - er ist ja auch eindeutig als solcher bezeichnet worden - letztlich unsere Zustimmung zu geben.

Ein Punkt, der im Zusammenhang mit der Gentechnik eher selten angesprochen wird, ist der Einsatz von Genanalysen für bestimmte Zwecke - vielleicht auch deshalb, weil wir im Gentechnikgesetz 1994 für diesen Bereich klare Grenzen gezogen haben.

Dennoch möchte ich Ihnen einige Passagen aus der Zeitschrift "Corso" zur Kenntnis bringen - ich zitiere -: "Im Prospekt rühmt sich die Grazer Firma Genetics Austria weltweit enger Zusammenarbeit mit universitären Genforschungszentren. Tatsächlich entpuppt sich das angebotene Personalmanagementprogramm als simpler standardisierter Psychotest. Die verbale Beschreibung der Auswertung klingelt mit Wissenschaftslyrik aus dem Genforschungsvokabular. Echte Gentests für Stellenbewerber sind in Österreich verboten. Man könnte Genetics Austria auch als harmlosen Versuch eines besonders smarten Consulters sehen, mit einem Vorstoß in den Graubereich des gerade noch Erlaubten auf Kundenfang zu gehen. - Grober Unfug? Oder steckt mehr dahinter? Erleben wir die ersten Vorboten des ,gläsernen Mitarbeiters'? ... Gentechnische Bewerberauslese wäre ...", so wird befürchtet, "... eine Katastrophe, die zu noch höherer Arbeitslosigkeit führen würde. ... Für den einzelnen Stellenbewerber, dem in Zukunft eine Genanalyse zugemutet werden könnte, hat Dr. Zilian als Kenner der Gebräuche am österreichischen Arbeitsmarkt nur einen Rat: ,Wer den Job wirklich braucht, soll den Test machen und beten, daß er gut ausfällt'". - Ende des Zitats.

Ich möchte, wenn wir uns heute mit der Gentechnik befassen, diesen Aspekt nicht ausgeblendet lassen. Unsere eigene Vergangenheitsbewältigung zeigt uns nur zu deutlich, wohin die genetisch verbrämte Diskussion über die "überlegene Rasse" geführt hat.

Ich fordere daher die VertreterInnen aller anderen Parteien inklusive der FPÖ, die ja meistens nicht zuhört, sondern nur dazwischenruft, auf, mit uns gemeinsam vehement allen Anfängen einer solchen menschenverachtenden Stigmatisierung entgegenzutreten und - so wie wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen - einen Technologieeinsatz nur dort zu ermöglichen, wo er den Menschen dient. Allen negativen Entwicklungen haben wir jedoch gemeinsam entschieden entgegenzutreten.

Zu dem Demokratieverständnis der FPÖ verweise ich nur auf den Entschließungsantrag, den sie bei der letzten Ausschußsitzung eingebracht hat. Er war weder mit dem Willen der Unterzeichner des Volksbegehrens noch mit dem der Proponenten vereinbar. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Restredezeit Ihres Klubs: 7 Minuten. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. - Bitte, Herr Abgeordneter.

13.17Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Demokratieverständnis, das meine Vorrednerin angesprochen hat, möchte ich im Laufe meiner Rede noch kurz eingehen. (Abg. Dr. Leiner: Schon wieder Demokratieverständnis!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die heutige Debatte mit der Debatte im Sonderausschuß zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens vergleicht, dann erkennt man deutlich, daß die Bundesregierung nie die Absicht hatte, die Forderungen der Unterzeichner des Volksbegehrens wirklich oder auch nur annähernd zu erfüllen, denn keine einzige der drei Hauptforderungen wurde tatsächlich umgesetzt.


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