Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 108

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend in Verhandlungen mit den Staaten des Nordatlantikvertrages einzutreten, damit ein Beitritt zur NATO gemäß Artikel 10 des Nordatlantikvertrages zum frühestmöglichen Zeitpunkt und in Folge nach Abschluß der Verhandlungen über den Beitrittsvertrag eine Volksabstimmung stattfinden kann.'

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln.'"

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Begründung des Dringlichen Antrages gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. - Bitte.

15.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es wurde ja schon gestern eine sehr hitzige Debatte rund um die österreichische Sicherheitspolitik geführt, und mich hat heute in der Früh ein Bürger angerufen und gefragt: Warum diskutiert und streitet ihr so lange, so viele Wochen und Monate über die Sicherheit Österreichs, über NATO oder Neutralität, gibt es nicht wichtigere, aktuellere Themen, die ihr behandeln solltet und über die ihr euch den Kopf zerbrechen solltet, wo ihr Maßnahmen setzen solltet, etwa die Bereiche Arbeitsplätze, Bildungspolitik und Familienpolitik? (Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, eine Sekunde!

Meine Damen und Herren! Das vorhergegangene Kapitel ist abgeschlossen, wir behandeln ein anderes Thema. Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Kollege Murauer! Dieser Bürger hat recht! - Sie werden bei mir ja wohl nicht den Verdacht hegen, daß mir die Sicherheitspolitik nicht wichtig wäre.

Meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! In der gesamten demokratischen Welt ist es üblich, daß man in der Sicherheitspolitik möglichst rasch auf geänderte Rahmenbedingungen reagiert, daß man versucht, in einer offenen Diskussion einen nationalen Konsens im Land herbeizuführen und gemeinsam - bei ausreichender Information der Bevölkerung - die notwendigen Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nicht so, wie Sie es machen, daß Sie die öffentliche Diskussion, auch in den Medien, jetzt über Wochen und Monate mit der Frage: Kann sich diese Regierung auf eine Linie einigen oder nicht? füllen und versuchen, dadurch zu kaschieren, daß Sie auch in den anderen Bereichen, die die Bevölkerung noch stärker betreffen als etwa die Sicherheitspolitik und die noch aktueller sind, keine Alternativen und Lösungsvorschläge für die Probleme anzubieten haben.

Meine Damen und Herren! Was wurde denn in der Sicherheitspolitik in den letzten acht Jahren gemacht? - Seit acht Jahren versucht diese Regierung, einen Konsens über die Neuordnung der Sicherheitspolitik zustande zu bringen, bringt in Wahrheit jedoch nur ein jämmerliches Schauspiel zutage.

Zuerst verdammte man die Freiheitlichen, die im Jahre 1990 die ersten waren, die eine offensive Linie verlangt und gesagt haben: Nach dem Ende des kalten Krieges, nach dem Zerfall des Kommunismus ist es notwendig, daß sich auch die österreichische Sicherheitspolitik neu orientiert! - Sie haben uns beschimpft, Sie haben uns kritisiert, und Sie haben dann auch Maßnahmen gesetzt, die dem entgegengelaufen sind.


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