Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 109

Ich erinnere daran, daß etwa Finnland im Jahre 1990 sofort nach der Wende, sofort nach dem Zerfall des Kommunismus den Friedensvertrag mit der Sowjetunion - dann Rußland - aufgelöst hat. Man hat gesagt: Das ist jetzt eine andere Zeit, wir sind ein souveräner Staat. Zur selben Zeit hat unser Parlament, nämlich im Herbst 1990, den österreichischen Staatsvertrag in weiten Bereichen zementiert. Schon damals hat man gesehen, daß Ihnen der Mut zu einer wirklich offensiven Ausrichtung und Neuausrichtung in der Staats- und Sicherheitspolitik fehlt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben in den letzten acht Jahren die Sicherheitspolitik immer wieder als Themenfüller in den medialen Sommerlöchern verwendet. Ich erinnere mich daran, daß Kollege Cap im Juli einmal Vorreiter war, da es im Juli nicht ganz so hitzig ist mit der Politik. Damals hat man getestet: Wie schaut es denn aus in der Bevölkerung, wenn die SPÖ einmal verlangt, daß Österreich der NATO beitreten sollte? Und dann hat man auch versucht - vor allem die Sozialdemokraten -, diese Frage als Wahlkampfthema zu mißbrauchen und dafür, die parteitaktischen Spielchen innerhalb der Regierung auf den Gipfel zu treiben. - Meine Damen und Herren von der Regierung! Sie haben damit in unverantwortlicher Weise die Interessen Österreichs gefährdet und durch Ihre unglaubliche Falschinformation der Bevölkerung und Ihren Wankelmut die Österreicher verunsichert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das haben Sie sich vorzuwerfen, und zwar beide Fraktionen! Denn die Österreichische Volkspartei, die jetzt so tut, als sei sie schon immer für die NATO-, für die Bündnismitgliedschaft Österreichs gewesen, sollte einmal ihre eigenen Presseaussendungen lesen: Ihre Meinung hat sich ja fast wöchentlich geändert. Einmal hat es geheißen: Ja, hinein in die NATO, das ist unsere Sicherheit!, dann hat es geheißen: NATO-Beitritt steht nicht zur Debatte! Klubobmann Khol hat die Neutralität einmal in den Tabernakel verbannt. (Abg. Dr. Khol: In die Schatzkammer!) In die Schatzkammer, auch gut; dort ist sie auch gut aufgehoben, Kollege Khol. (Abg. Schwarzenberger: Tabernakel ist woanders!) Nur, Herr Kollege Khol, warum haben Sie dann ... (Abg. Dr. Khol: Sie wissen nicht den Unterschied zwischen Tabernakel und Schatzkammer? - Das habe ich immer gewußt!) Gut, es ist sehr schön, daß Sie das wissen, Sie werden mir dann einen Vortrag darüber halten.

Ich frage Sie - vielleicht beantworten Sie mir dann auch die Frage (Abg. Dr. Khol: Das werde ich tun!) -, warum Sie dann, als die SPÖ angedroht hatte, die Frage der Neutralität zum Wahlkampfthema der EU-Wahl zu machen, hier an diesem Rednerpult plötzlich ein glühendes Bekenntnis zur Neutralität abgegeben haben? - Das ist Wähler-Falschinformation, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber glauben Sie doch nicht, daß Ihnen das noch irgend jemand abnimmt! Das ist Ihre Konsequenz, und daran sieht man auch, wie wenig ernst Sie in Wirklichkeit diese Frage genommen haben und nach wie vor nehmen.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie sagen jetzt - Kollege Maitz hat es gestern angesprochen -, daß Sie nun den Koalitionspartner überzeugen und nicht überstimmen wollen - überzeugen! Kollege Maitz! Wie lange brauchen Sie denn noch, um den Koalitionspartner zu überzeugen? (Abg. Mag. Kukacka: Bis sie gescheiter geworden sind!) Wie lange haben Sie denn schon Zeit gehabt!? Es ist doch nicht so, daß Sie mit der Sicherheitspolitik und mit der Verteidigungspolitik nichts zu tun haben! Ihr Außenminister Schüssel ist der Hauptverantwortliche für diese Bereiche! Ihr Verteidigungsminister Fasslabend ist mitverantwortlich!

Was haben Sie denn in letzter Zeit an Überzeugungsarbeit geleistet? Jetzt wollen Sie den Regierungspartner überzeugen? - Es gelingt Ihnen beim Wähler nicht, ihn zu überzeugen, daher ist es auch kein Wunder, daß Sie den Koalitionspartner SPÖ von Ihrer Politik auch nicht überzeugen können. Aber in diesem Fall wäre es eben an der Zeit, endlich einmal von der Überzeugungsarbeit abzugehen und Konsequenzen zu ziehen, Kollege Murauer, klare Abstimmungen herbeizuführen, zu ermöglichen und hier klar in dem Sinn, den Sie immer vorgeben, zu agieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die SPÖ versucht, meine Damen und Herren - das habe ich schon gesagt -, die Neutralität immer wieder ins Spiel zu bringen. Sie haben ja einige Blamagen hinnehmen müssen wie zuletzt jene in Niederösterreich, Herr Kollege Schieder, wo Herr Höger noch inseriert hat: Neutralität


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