Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 110

statt NATO! Ich möchte wissen, was ein Landeshauptmann-Stellvertreter mit diesen Fragen zu tun hat. (Abg. Schieder: Ich bin ein Wiener!) Das Wahlergebnis hat sich ja entsprechend niedergeschlagen. (Abg. Schieder: Ich bin ein Wiener Abgeordneter!) - Ja, Sie sind ein Wiener Abgeordneter, aber außenpolitischer Sprecher und Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses und deshalb nicht ganz unverantwortlich für die Linie in Ihrer Partei und in Ihrem Klub.

Ich spreche deshalb Sie, Herr Abgeordneter Schieder, ganz konkret an, weil ich glaube, daß man mit Ihnen reden kann, beim Herrn Klubobmann hat man vielleicht größere Probleme, wobei ich das auch verstehe, denn jemand, der noch vor wenigen Jahren "Ho Chi Minh" skandiert hat, hat jetzt eben ein Problem, dieses "Feindbild" NATO nun als Option zu sehen, Kollege Kostelka. (Beifall bei den Freiheitlichen. - Abg. Dr. Kostelka: Wann habe ich "Ho Chi Minh" skandiert?)

Kollege Kostelka, Sie als Vertreter der "Havanna-Fraktion" haben damit ja auch ein ganz gutes Mittel, um sich innerparteiliche, innerfraktionelle Konkurrenten vom Leibe zu halten (Abg. Dr. Khol: Das war der Pilz, Herr Kollege Scheibner! Das war der Pilz mit Ho Chi Minh!): Cap, der ganz gerne die Nachfolge antreten würde, ist für die NATO, und Sie müssen dann eben den Gegenpart spielen. Wenig überzeugend, Herr Klubobmann Kostelka, aber auch wenig staatspolitisch! (Abg. Dr. Khol: Wie kann man Kostelka mit Pilz verwechseln?!) Mit einer Greuelpropaganda die Bevölkerung zu verunsichern - allein aus parteitaktischen Gründen! -, ist das Schändliche, das wir Ihnen vorwerfen! (Beifall bei den Freiheitlichen. - Abg. Dr. Kostelka: Wo habe ich Greuelpropaganda gemacht?)

Sie kommen jedesmal mit der Argumentation: Nicht in dieses Militärbündnis NATO (Abg. Dr. Kostelka: Ist es eines, oder ist es keines?), wir wollen keine Atomwaffen hier in Österreich, wir wollen keine fremden Truppenstationierungen (Abg. Dr. Kostelka: Gibt es die, oder gibt es sie nicht?), wir wollen die Neutralität, das heißt, Frieden und Freiheit für Österreich aufrechterhalten! - Und gleichzeitig, Herr Klubobmann Kostelka, stimmen Sie mit der Österreichischen Volkspartei still und heimlich immer wieder bei Beschlüssen mit (Abg. Dr. Kostelka: Im Nationalrat still und heimlich?) und unterstützen Maßnahmen der Regierung unter Ihrem Bundeskanzler, die mit der Neutralität, würde man sie ernst nehmen, völlig unvereinbar wären.

Ich nehme jetzt nur die Unterstützungen der letzten acht Jahre her: Unterstützung durch Österreich im Kuwait-Krieg, Beitritt Österreichs zur Europäischen Union mit dem Bekenntnis zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, Diskussion einer Vorlage der Bundesregierung, des SOFA-Abkommens - ein Truppenstatut der "NATO-alt" aus dem Jahre 1951, Herr Kollege Kostelka, soll von Österreich übernommen werden -, Beitritt zur "PfP-plus", "Partnerschaft für den Frieden - plus", wo Peace-making-Aktionen, also Kampfeinsätze, vorgesehen sind und zuletzt - ich habe es gestern auch schon angesprochen - die Zentraleuropäische Kooperation, das setzt dem Ganzen ja noch den Deckel auf!

Bei dieser Zentraleuropäischen Kooperation soll jetzt auf Initiative des Verteidigungsministers Fasslabend und nach Beschluß der Bundesregierung, Herr Kollege Kostelka - auch Ihres Bundeskanzlers und Ihrer Regierungsmitglieder -, eine Kampftruppe aufgestellt werden; eine Kampfbrigade gemeinsam mit Ländern wie Rumänien, Slowenien, Ungarn und der Slowakei. Die Slowakei wird aus demokratiepolitischen Gründen in diese "böse" NATO, wie Sie immer sagen, nicht aufgenommen, aber Österreich will mit dieser Brigade Peace-making-Aktionen, also Kampfeinsätze, unter Umständen auch gegen den Willen der Beteiligten, durchführen. Und da stellen Sie sich als Hüter und Retter der Neutralität her, obwohl Sie wissen, daß die Neutralität nirgends mehr anerkannt wird, gerade nicht von Ihren Genossen in den anderen Staaten. Allein deshalb hat sie schon keine völkerrechtliche Funktion mehr.

Meine Damen und Herren! Beide gemeinsam, ÖVP und SPÖ, haben ein wichtiges Gebot einer ernst genommenen Neutralität nie wirklich ernst genommen und umgesetzt, nämlich die bewaffnete Neutralität, nach der jemand, der für sich selbst die Neutralität statuiert, das heißt, daß er allein gegen alle möglichen Konfliktparteien gerüstet sein will, ein ordentlich gerüstetes und ausgerüstetes Bundesheer braucht. Das haben Sie doch in den letzten 40 Jahren sträflichst vernachlässigt! Sie haben unser Bundesheer an den Rand des Abgrunds getrieben. Allein schon durch das Budget, Herr Kollege Kostelka, mit einem Anteil von 0,8 Prozent am Brutto


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