Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 112

Sie bringen in diesem Zusammenhang immer Schweden als gutes Beispiel. Dann sagen Sie aber auch dazu, was Schweden, die Schweiz oder Finnland in den letzten Jahrzehnten für ihre eigene Landesverteidigung ausgegeben haben: das Doppelte bis Dreifache - aber über 40 Jahre hinweg! Wenn Sie das aufholen wollen, dann müssen Sie den Leuten aber auch sagen, daß Sie ohne objektive Begründung jetzt 30 Milliarden, 40 Milliarden Schilling in eine ernst genommene Landesverteidigung, die auf sich gestellt ist, investieren wollen. Das müssen Sie den Leuten erklären. (Abg. Schieder: Aber Sie vergleichen Länder, die auch Seestreitkräfte haben, mit Österreich! Die haben doch Seestreitkräfte!) Die Seestreitkräfte der Schweiz können Sie mir zeigen! Vielleicht fahren ein paar Schinakel auf dem Genfer See, Herr Kollege Schieder. Ich weiß nicht, ob die Kosten dafür hier miteinzubeziehen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. - Abg. Dr. Haider - in Richtung des Abg. Schieder -: Wollen Sie Schiffe? - Abg. Schieder: Nein, aber weil er die Kosten vergleicht, und die haben auch Kosten für die Schiffahrt! 1 : 1 kann man sie nicht vergleichen!)

Aber, Herr Kollege Schieder! Die Option, die Sie vertreten, nämlich keine Bündnismitgliedschaft, auf der anderen Seite aber auch nichts für die eigene Landesverteidigung tun, kann doch wohl nicht Ziel einer Staatspolitik sein! Andererseits wollen Sie aber überall mitmachen, wenn die anderen uns brauchen. Überall mitzahlen bei Auslandseinsätzen - etwa 1,5 Milliarden Schilling im Jahr für Auslandseinsätze! -, aber die Rechte in Anspruch nehmen, das wollen wir nicht, nämlich daß auch die anderen für uns Sicherheitsgarantien übernehmen! - Das ist eine Sicherheitspolitik, die ich wirklich nicht verstehen kann.

Meine Damen und Herren! Für uns Freiheitlichen ist die Option klar: Die Zukunft der europäischen Sicherheitspolitik liegt im Bündnis. Eine Renationalisierung der Sicherheitspolitik in Europa wäre völlig unsinnig, ja gefährlich. Und wenn man sich für diese gemeinsame Organisation der Sicherheitspolitik entscheidet, dann muß man auch klar und deutlich zu verstehen geben, daß nur die NATO als einzige funktionierende Organisation Sicherheitsgarantien geben kann. Selbstverständlich wird sich - die Beschlüsse sind ja entsprechend - neben der NATO oder außerhalb der NATO nichts Neues bilden.

Herr Kollege Kostelka! Herr Bundeskanzler! Sie fahren doch immer in der Weltgeschichte herum: 11 von 15 Mitgliedsländern der EU, hauptsächlich sozialdemokratisch regiert - das sind doch Ihre Genossen! -, sind Mitglied der NATO. Die haben doch kein Interesse daran, für Sie - und zwar nur deshalb, weil Sie ein Problem haben, innerhalb Ihrer Fraktion in dieser Hinsicht für Ordnung zu sorgen - Milliardeninvestitionen bereitzustellen, um eine neue Struktur aufzubauen. Herr Bundeskanzler! Das glauben Sie doch wohl selbst nicht! Erkundigen Sie sich bei Ihren Genossen in der internationalen Staatengemeinschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen. - Abg. Schieder: Aber vor ein paar Jahren haben Sie es noch selbst verlangt von da!)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schieder! Selbstverständlich wollen wir eine stärkere europäische Komponente. (Abg. Dr. Haider: Er will eh, aber er darf nicht, Kostelka ist zu stark!) Da sind alle europäischen Länder gefragt, denn es ist doch eine Blamage, daß bei jedem sicherheitspolitischen Konflikt der Vergangenheit und der Gegenwart immer die USA als Vermittler einschreiten mußte, etwa in der Nordirland-Krise, im Kosovo, in Bosnien. Aber das liegt doch in der Verantwortung der Europäer! Wie wollen Sie diese Verantwortung übernehmen, wenn Sie sich selbst nicht in die sicherheitspolitischen Strukturen integrieren wollen?

Die Westeuropäische Union - auch an die Kollegen des Liberalen Forums gerichtet - hat für sich selbst doch auch klar festgehalten, daß sie keine eigenständige Struktur aufbauen wird, weil es unsinnig wäre, die erforderlichen Mittel dafür auszugeben (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser), daß sie nur gemeinsam und innerhalb der NATO funktionieren kann und wird, und es deshalb ausgeschlossen ist, der Westeuropäischen Union beizutreten, ohne gleichzeitig auch NATO-Mitglied zu sein. Auch in diesem Zusammenhang wäre - selbst wenn Präsidentschaftswahlkampf ist, selbst wenn man sich manche Optionen für eine Regierungsbeteiligung offenlassen will - ein bißchen mehr Ehrlichkeit in der öffentlichen Debatte gefragt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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