Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 115

ten und leistungsfähigen österreichischen Bundesheeres auch mit entsprechender gerätetechnischer Ausstattung gefaßt haben. Das ist ein wichtiges Bekenntnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber eines nicht verschweigen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gab tatsächlich Diskussionen über einige Punkte, über die keine Einigung erzielt werden konnte. Dies ist der Grund dafür, warum es zu keiner gemeinsamen Empfehlung der Bundesregierung kam. Es ging dabei darum, ob die NATO als Militärpakt und Militärbündnis, wie sie besteht, für uns das Richtige ist, oder ob ein stärker europäisch ausgerichtetes Bündnis, eine europäische Perspektive - und wir haben die Vision, den Traum, daß sich das in der Zukunft erfüllt -, tatsächlich die geeignete Option ist.

Ich bin nicht gegen Prüfungen. Da können wir ruhig dafür sein. Ich bin nur dagegen, daß wir uns schon jetzt, da wir noch nicht wissen, wie sich dieses Europa ohne Trennlinien entwickelt, und noch nicht wissen können, ob die bereits eingegangene Verpflichtung zu einer Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik tatsächlich realisiert werden wird, der Perspektive und dem Ziel einer NATO-Mitgliedschaft verschreiben.

Wenn wir diese Diskussion führen, dann müssen wir sie auch in der Öffentlichkeit und mit der österreichischen Bevölkerung führen. Die NATO hat noch immer die nukleare Erstschlagdoktrin. Die NATO nimmt noch immer für sich in Anspruch, als erster Atomwaffen einsetzen zu wollen und zu können. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Das ist eine klare Tatsache. Und es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus noch vieles, was zu klären wäre. Selbstverständlich! (Abg. Dr. Haider: Völliger Unsinn!) Nein, leider nicht!

Für den Friedensfall kann man vieles vereinbaren. Sie wissen aber, daß man für den Krisenfall nicht vereinbaren kann, daß in Österreich keine Atomwaffen stationiert werden, daß man für den Krisenfall nicht vereinbaren kann, daß hier keine fremden Truppen stationiert werden, und viele dieser Punkte mehr. Dabei geht es um eine sachliche Diskussion. (Abg. Scheibner: Ich habe geglaubt, "es gibt keine Krisen mehr"!)

Mir geht es im Augenblick um etwas anderes, und ich möchte versuchen, Sie ein Stückchen auf diese Gedankenreise mitzunehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ein Stückchen nur. Versuchen Sie es bitte! (Abg. Dr. Haider: Probieren wir es einmal!)

Wir bekennen uns und ich bekenne mich zu dieser europäischen Perspektive, und Europa muß sich über den Binnenmarkt hinweg zu einer gemeinsamen politischen Kraft entwickeln. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, daß Europa eine gemeinsame Währung haben wird? (Abg. Dr. Haider: Noch haben wir sie nicht!) - Ich weiß schon, Sie waren nicht dafür, aber ich halte sie für wichtig für die Stellung Europas in der Welt als größter Wirtschaftsblock.

Wenn wir nun diese gemeinsame europäische Währung haben werden, dann brauchen wir eine gemeinsam koordinierte europäische Wirtschaftspolitik und eine gemeinsam koordinierte europäische Sozialpolitik. Wir brauchen auch eine gemeinsam koordinierte Außenwirtschaftspolitik, und natürlich brauchen wir - Herr Dr. Mock hat das immer zu Recht als Ziel formuliert (Abg. Dr. Haider: Der falsche Zeuge!) - eine gemeinsame europäische Außenpolitik.

Wir müssen heute bekennen, daß wir diesbezüglich in Europa eine Schwäche haben, daß wir noch nicht in der Lage sind - weil der Vertrag von Amsterdam noch nicht ratifiziert und noch nicht erfüllt ist und weil es den "Mister GASP" noch nicht gibt -, tatsächlich eine gemeinsame Außenpolitik zu formulieren.

Aber wo ist denn das Selbstverständnis der Europäer, wenn sie sich nicht das Ziel setzen, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu haben? - Ich würde mich zutiefst unwohl fühlen, wenn wir als Europäer auch in Zukunft aufgrund fehlender technischer und organisatorischer Strukturen nicht in der Lage wären, Krisen wie in Bosnien oder im Kosovo selber in Frieden zu lösen. - Heute sind wir dazu noch nicht in der Lage. (Abg. Scheibner: Was werden Sie dazu tun?)


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