Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 123

Meine Damen und Herren! Wir haben auch die Einrichtung eines Rates für Sicherheit vorgeschlagen. 1989 wurde der EU-Beitritt im Integrationsrat vorbereitet, dem alle Parteien, die Vertreter der Sozialpartner, die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden angehören; ein Rat, der sich von 1989 bis zum Beitritt 1994 sehr bewährt hat.

Ich denke, daß wir mit unserem Vorgehen gestern und heute klarmachen: Wir wollen einen breiten Konsens, wir wollen eine breite Mehrheit in diesem Haus. Man kann nicht einen so gewichtigen Schritt wie den Beitritt zu einer umfassenden Sicherheitsorganisation mit der knappest möglichen Mehrheit machen. Vor allem bedarf es der Diskussion und dessen, was im Zuge der Beratungen um die europäische Integration so wichtig war: breiter Aussprache, Experten-Hearings, breiter Diskussion. Daher wollen wir diesen Rat für Integrations- und Sicherheitsfragen, und daher wollen wir die Ausschußberatungen, die wir am 8. Mai aufnehmen werden.

Unser Antrag geht auch nicht in die Richtung, daß wir jetzt sofort der NATO beitreten sollen. Wir glauben aber, daß das eine wichtige Perspektive ist, und wollen vor allem die offenen Fragen erkunden. Wir haben schon von unseren Vorrednern gehört, daß es in diesem Bereich sehr viele Mißverständnisse gibt. Wer etwa heute noch davon spricht, daß die NATO eine atomare Erstschlagdoktrin hat, der kennt die letzten Beschlüsse dieser Organisation nicht. Wir sollten auch erkunden, wie das Anforderungsprofil aussieht, das im Falle des Beitritts zu einer solchen Organisation an uns gestellt wird. Wir sollten auch die Kosten erkunden; auch diesbezüglich gibt es ja Schauermärchen. All das sollte in Form eines intensivierten Dialoges erfolgen. Diesen intensivierten Dialog schlagen wir vor, und wir sollten die Beratungen darüber aufnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Warum glauben wir, daß die NATO eine wichtige und gute Adresse ist? - Die NATO ist heute eine Organisation der Krisenvorbeugung und Krisenverhinderung. Die NATO ist ein Bündnis und hilft Mitgliedern, die angegriffen werden. Die NATO ist ein Bündnis der Solidarität. Darauf hat Wolfgang Schüssel gestern hingewiesen. Wer hält am Balkan den Schädel hin? - Es ist die UNO, und es ist die NATO. Die NATO wäre die Möglichkeit zu kostengünstiger Sicherheit, und die NATO ist die Friedensorganisation der großen Demokratien in Europa.

Wir werden daher dem Dringlichen Antrag der Freiheitlichen nicht zustimmen. Die Freiheitlichen wollen die Ausschußberatungen verhindern, die Freiheitlichen wollen den Konsens nicht herstellen (Abg. Mag. Stadler: Aber ja, mit Ihnen, mit der ÖVP!), die Freiheitlichen wollen überstimmen, nicht überzeugen. Im übrigen: Mit Ihrer Mehrheit, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, wäre nichts gewonnen, denn niemand gibt uns die Garantie, daß nicht das gleiche passiert, was beim EU-Beitritt passiert ist: Zuerst waren Sie dafür, und dann haben Sie dagegen gestimmt. Das ist die wildeste Zickzackpolitik, die es gibt! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mit der Freiheitlichen Partei ist keine Sicherheitspolitik zu machen. Ich vertraue auf die Beratungen im Parlament, und ich vertraue darauf, daß es einen Überzeugungsprozeß gibt.

Am 28. Jänner 1987 hat der damalige Bundeskanzler Vranitzky folgendes gesagt - ich zitiere aus dem Pressebericht -: "In seinen außenpolitischen Ausführungen nach dem Ministerrat betonte Vranitzky, daß er die Aufgabe habe, die Gemeinsamkeit in der Außenpolitik zu steuern. Gleichzeitig ging er auf sein Bestreben ein, die Abmachungen mit der EG zu intensivieren. Eine Vollmitgliedschaft komme nicht in Frage. Österreich bekenne sich zu den Verpflichtungen des Staatsvertrages. Dies bedeute politische Autonomie und kein Engagieren in politischen Bündnissen." - Einige Monate später haben wir den Beitrittsantrag gestellt.

Ich vertraue auf die Kraft der Geschichte, ich vertraue auf die Kraft der Überzeugung. Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade! Wir werden dieses Ziel erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. - Bitte.


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