Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 132

Meine Damen und Herren! Ich möchte zu einem ruhigeren Gesprächsklima zurückkommen. (Abg. Scheibner: Was haben Sie immer dazwischengeschrien! - Abg. Mag. Haupt: Da sehen Sie, wie das ist!) Ich meine, es ist wichtiger, zu überlegen, ob nicht tatsächlich die europäische Option, die Sie so heftig ablehnen und als unrealistisch bezeichnen, es wert wäre, in diesem Haus und von österreichischer Seite überlegt zu werden. (Abg. Scheibner: Da müssen Sie zuerst die elf NATO-Mitglieder in der EU davon überzeugen!) - Ich komme noch darauf zu sprechen.

Auch in dem Vorschlag, einen Optionenbericht zu machen, hat es ja nicht "einschließlich des NATO-Beitrittes" geheißen, sondern "einschließlich des WEU-Beitrittes". Man ist also bereits damals davon ausgegangen, daß es eine WEU-Möglichkeit im Zusammenhang mit der EU gibt. Ich denke, das wäre einer Überlegung wert, auch wenn Sie sagen, daß unter den 15 EU-Mitgliedern - wie wir wissen - elf bei der NATO sind, zehn bei der WEU und vier neutral, blockfrei oder non-allied. (Abg. Scheibner: Alle zehn, die bei der WEU sind, sind auch bei der NATO!)

Das stimmt schon, aber wenn eine gemeinsame Linie gefunden wird - es verlangt ja niemand, daß die elf aus der NATO austreten, es ist auch niemand dagegen, daß es die NATO gibt; niemand verlangt, daß die NATO aufgelöst wird, und niemand hat Sorge, wenn mit der NATO in vielen Bereichen zusammengearbeitet wird -, dann geht es um folgendes: Soll dies das einzige Ziel bleiben, der einzige Mechanismus, oder ist es der Anstrengung wert, sich in Europa darüber den Kopf zu zerbrechen, ob es nicht auch eine europäische Lösung geben kann? (Abg. Scheibner: Das wäre viel zu teuer!)

Über die europäische Lösung, die Sie jetzt so lautstark in den Bereich der Utopie verbannen wollen, wird selbst im Entwurf eines Berichtes des Europäischen Parlaments, vorgestellt von Tindemans im Dezember letzten Jahres - das ist kein Sozialdemokrat, wie Sie wissen -, sehr deutlich gesagt: Jede Verteidigungspolitik, sei sie national, europäisch oder transatlantisch, muß dem neuen geostrategischen Umfeld Rechnung tragen. Den Mitgliedstaaten der Union stellt sich die Frage, ob sie weiterhin eine voneinander unabhängige oder eine - was für eine Mehrheit von ihnen zutrifft - in Bündnissen koordinierte Verteidigungspolitik verfolgen wollen, oder ob sie es für wirksamer halten, eine gemeinsame Verteidigungspolitik zu betreiben. (Abg. Scheibner: Wo ist diese? Wo sind dafür Ansätze?!)

Der Kernsatz in diesem Bericht zur außenpolitischen Dimension einer europäischen Verteidigungspolitik sagt sehr deutlich: Die Notwendigkeit einer Verteidigungspolitik der Europäischen Union wird sich in noch schärferer Form stellen, wenn die Länder Mittel- und Osteuropas und Zypern der Europäischen Union beitreten. Diesen Ländern ist an Sicherheitsvorkehrungen gelegen, wie die meisten von ihnen durch ihren Willen, NATO-Mitglieder zu werden, gezeigt haben. Gleichzeitig ist es nicht sicher, daß die NATO all diese Länder aufnimmt, insbesondere wegen der Vorbehalte einiger ihrer derzeitigen Mitglieder. Damit stellt sich die Frage nach der künftigen Entwicklung der GASP, der Rolle der WEU und ihrer Territorialgarantie und den Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Dies sind komplexe Fragen, die gestellt werden müssen, auch wenn es noch keine endgültige Antwort darauf gibt. - Soweit dieser Bericht. (Abg. Scheibner: Was wollen Sie damit sagen?)

Ich stimme Ihnen zu: Das ist nicht die wahrscheinlichste Lösung. Es ist nicht die Lösung, die automatisch auf uns zukommt. (Abg. Scheibner: Auf das zu warten ...!) Aber es ist eine der Möglichkeiten in diesem Europa, und es wäre wert, daß sich ein neues Mitglied dieser Union - wie Österreich - auf diese Linie verständigt und dies gemeinsam versucht. Was spricht dagegen? Wovor haben Sie Angst, wenn es darum geht, gemeinsam zu versuchen, eine europäische Linie zu finden? (Abg. Scheibner: Niemand kann die Sicherheitsgarantie für Österreich übernehmen!)

Die WEU-Lösung ist möglich, wenn nicht die WEU bestimmt, sondern die Union, wenn die Entscheidung in der EU fällt und wenn die WEU-Staaten nicht automatisch auch Mitglieder der NATO sein müssen. (Abg. Scheibner: Das ist schon beschlossen!) Nein, es gibt einen europäischen Weg! (Abg. Scheibner: Das ist auch in der NATO schon beschlossen!) Wenn die


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