Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 223

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich diese Gelegenheit dazu benützen, etwas über die Praktiken der Regierungsparteien im Wissenschaftsausschuß coram publico im Plenum zu diskutieren. Ich erbitte mir auch die höfliche Aufmerksamkeit des Herrn Präsidenten Fischer, denn ich glaube, daß die dort geübte Praxis durchaus auch sein Interesse erwecken und ihn dazu veranlassen müßte, in der Präsidiale oder in der Debatte über eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates oder auch über Änderungen von Usancen, die sich hier eingebürgert haben, nachzudenken.

Herr Präsident Fischer! Ich darf zunächst kurz jene Ereignisse resümieren, die mich zu diesem Debattenbeitrag in dieser Sache veranlassen, ein Debattenbeitrag, den ich nun bis zum Ende meines Redebeitrags in meiner Funktion als Ausschußvorsitzender mache.

Anfang Februar 1998 haben durchaus umstrittene Äußerungen des Wissenschaftsministers Widerhall in der Medienwelt gefunden. Es handelte sich um ein Interview in der Tageszeitung "Der Standard". Diese Wortmeldungen wurden gemeinhin unter dem Terminus "Spitzelaffäre" zusammengefaßt, und es gab fürwahr entsprechende Wortmeldungen in der öffentlichen Diskussion. Es war von Stasi-Mentalität und dergleichen die Rede. (Abg. Parnigoni: Wir haben nichts anderes vermutet!)

Dem Herrn Bundesminister ist es aber nicht darum gegangen, sich davon zu distanzieren. Zwar gab es eine halbherzige Distanzierung des Sektionschefs Höllinger, das war eine Art geordneter Rückzug, aber eine Distanzierung von den geplanten untragbaren Bespitzelungstendenzen ist bis zum heutigen Tag nicht erfolgt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Es geht mir dabei gar nicht so sehr um die Affäre selbst, Herr Minister. Dafür haben Sie, Gott sei Dank, öffentlich die Ihnen in dieser Sache gebührenden medialen Prügel beziehen müssen. Mir geht es dabei um das Formale.

Herr Präsident Fischer! Es ist für mich wirklich untragbar, wenn die Opposition einen Ausschußtermin dringend urgiert, der notwendig ist, weil alle, die Universitäten, Abgeordnete und Studierende, irritiert sind, aber kein Termin vereinbart werden kann. (Abg. Mag. Stadler spricht mit Präsident Dr. Fischer. - Abg. Parnigoni: Der Präsident kann nicht zuhören, weil ihn der Stadler stört!) Selbstverständlich ist in dieser Situation ein Ausschuß einzuberufen. (Abg. Parnigoni: Beschweren Sie sich doch endlich bei ihm!)

Herr Kollege Parnigoni! Ich weiß nicht, was Sie von Wissenschaft und vom Wissenschaftsausschuß verstehen, aber ich glaube, es hält sich in sehr engen Grenzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht darum, daß es einen dringenden Bedarf gegeben hat. (Abg. Parnigoni: Sie haben moniert, Präsident Fischer höre Ihnen nicht zu! Das kann er gar nicht!)

Herr Kollege Parnigoni! Auch wenn Sie noch so laut sprechen, Ihre Argumente werden nicht besser. Halten Sie sich eher zurück. Ich glaube, Sie verstehen nichts von dieser Materie. Lehnen Sie sich wieder ein bißchen zurück. (Abg. Parnigoni: Diese Präpotenz können Sie irgendwo abgeben, aber nicht im Hohen Haus!)

Ja, ja! Gut! Herr Kollege Parnigoni! Von Ihnen nehme ich diese Zensur nicht entgegen. Wenn Sie aber schon davon sprechen, dann muß ich sagen, das ehrt mich, denn das aus Ihrem Mund zu erfahren, kann ich nur als Ehrung empfinden, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So weit, so gut. Es geht mir um die formalen Erfordernisse einer Einberufung des Ausschusses. Es ist offensichtlich Usance im Hohen Haus - das wurde uns auch von der Klubführung mitgeteilt -, daß derartige Ausschüsse nur im Einvernehmen stattfinden können. Das wurde von der SPÖ trotz vieler Versuche, auch von seiten der Liberalen - die liberale Wissenschaftssprecherin begehrte auch einen Sonderausschuß -, durchgesetzt. Alle Versuche der Opposition, zu einem raschen Ausschußtermin, also noch Anfang Februar, zu kommen, wurden schlicht boykottiert. Das scheint mir untragbar zu sein.


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1