Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 237

einer noch so komplizierten Rechtssache hat das Opfer in der Verkleidung des Privatbeteiligten keine Möglichkeit, eine teure Prozeßführung allenfalls bevorschußt oder bezahlt zu bekommen.

Der Antrag der Freiheitlichen zielt darauf ab, daß sich jedes Opfer, nicht nur ein Opfer, das einen materiellen, in Schilling zu messenden Anspruch hat, dem Verfahren anschließen können soll, daß dem Privatbeteiligten ein Antragsrecht im Verfahren zukommen soll, daß es eine Rechtsmittelmöglichkeit geben soll und noch etwas ganz Wichtiges: daß der Strafrichter dazu angehalten werden soll, eine zumindest globale Zuspruchsmöglichkeit zu finden, daß auch dann, wenn es zu einem Freispruch kommt, trotzdem der Schadenersatzanspruch zum Tragen zu kommen hat.

Es soll also nicht mehr so sein, daß ein Strafprozeß jahrelang läuft und nach dessen Ende, mit oder ohne Verurteilung, der Richter zu dem Schluß kommt, daß der Privatbeteiligte mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird. Dann kann dieser noch einmal beginnen zu klagen, zu einer Zeit, wenn alles schon sehr schwierig durchzusetzen ist.

Das heißt, die Opfer sind in gewissem Sinne die Stiefkinder der österreichischen Strafrechtspflege. Das soll nicht länger so sein. Dieser gar nicht parteipolitische Antrag zielt darauf ab, auf diesem Sektor einiges zu verbessern.

Ich höre schon einige Redner sagen, daß sie das alles nicht wollen. Es solle dort, wo es darauf ankommt, nämlich im Strafverfahren selbst, keine Besserstellung der Opfer geben. Man wolle nur alle über ihre Rechte aufklären. - Aber mit dem Aufklären allein sind wir bald fertig. Man braucht nur zu sagen: Sie haben keine Rechte! Damit hat man der Wahrheit entsprechend alle voll aufgeklärt. Das ist uns aber zuwenig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.28Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. - Bitte, Herr Abgeordneter.

0.28Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in gebotener Kürze zum vorliegenden Antrag Stellung nehmen. Einleitend möchte ich betonen, daß ich Aufklärung an sich für nichts Negatives halte und sie mit eine der Maßnahmen ist, die im Rahmen des Opferschutzes notwendig sind. Das ist, glaube ich, unbestritten.

Es ist keine Frage, daß auch wir für den Opferschutz eintreten. Dazu gibt es auch mehrere Anträge, zuletzt im Sexualstrafrecht, Kindschaft. Es ist ganz offensichtlich, daß es viele Maßnahmen gibt, die man zur Verbesserung der Lage des Opfers umsetzen kann. Ich möchte bei dieser Gelegenheit erwähnen, daß es nunmehr einen ersten Entwurf des Justizministeriums zum Vorverfahren gibt, der sich ebenfalls intensiv mit der Frage des Opferschutzes und der Verbesserung ihrer Stellung auseinandersetzt. Innerhalb des nächsten halben Jahres werden wir meiner Ansicht nach sicherlich intensiv darüber sprechen können.

Kollege Ofner! In Ihrem Antrag fehlt mir, wie man mit Situationen, die man zwar in der Öffentlichkeit kennt, mit denen wir uns allerdings noch nicht auseinandergesetzt haben, prozessual umgeht. Wir wissen alle, daß es eine Reihe von Vernehmungsmöglichkeiten im Strafverfahren gibt, die für das Opfer außerordentlich unangenehm sind und eher einen Spießrutenlauf bedeuten. Sie lassen das Opfer im Strafverfahren eigentlich zum zweiten Mal zum Opfer werden. Ich halte es für notwendig, daß wir uns damit auseinandersetzen, wie man diese Situation verbessern kann. Ich denke zum Beispiel an die Möglichkeit einer kontradiktorischen, schonenden Einvernahme. (Abg. Dr. Ofner: Das eine schließt das andere nicht aus!)

Ich bringe das auch nicht als Gegenargument, sondern ich sage nur, daß das mit einer der Gründe wäre, das Gebiet umfassender zu regeln. Denn Ihre Vorschläge bergen meiner Ansicht nach viel Diskussionswürdiges in sich, aber auch vieles, was abzulehnen ist. Darüber hinaus gibt es ein Großteil von Dingen auf diesem Gebiet, die schlicht und einfach noch zu diskutieren sind. Ich gebe zu, daß sich auch im Rahmen der laufenden Diskussion die Bedürfnisse ständig ändern.


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