Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 118. Sitzung / 44

stimme ich Van der Bellen zu - einer Schwerpunktbildung in der Staatsanwaltschaft, um die Korruptionsbekämpfung wirklich in den Griff zu bekommen.

Das Kartellrecht, das wir in Österreich erst vor fünf oder sechs Jahren novelliert haben, ist ein Kartellrecht der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer. Sie haben eine Verbändeklage, das haben sie fest in der Hand. Solch ein Kartellrecht haben ÖVP und SPÖ gewollt, und so schlecht ist es leider auch. Novellieren wir es daher rasch!

Zur Tagesordnung, meine Damen und Herren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Zur Tagesordnung können wir nicht übergehen, denn Korruption untergräbt die Sicherheit und Stabilität eines Landes, am Ende das Land selbst. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Er hat das Wort. - Es wurde umgemeldet. - Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic.

10.45Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eine alte und traurige Tatsache, daß überall dort, wo öffentliche Aufträge erteilt werden, wo Steuergelder in Millionen- oder in Milliardenhöhe ausgegeben werden sollen, immer eine gewisse Mißbrauchs- und Korruptionsneigung besteht, und zwar auch aufgrund der vom Abgeordneten Peter ausgeführten Umstände, wie zum Beispiel des Umstands, daß kein wirklicher Kläger da ist, daß sich die einzelne Staatsbürgerin, der einzelne Staatsbürger nicht wehren kann, daß die Finanzprokuratur träge ist und kaum Anstalten macht, einen zivilrechtlichen Schadenersatz der Steuerzahler geltend zu machen. Dazu kommt noch das typisch österreichische System: Es gibt - und das wissen Sie, Herr Bundesminister, so gut wie ich - politische Verflechtungen.

Es ist ein Unding, daß die großen Baugesellschaften in aller Regel sehr eindeutig den politischen Parteien - mittlerweile nicht nur den Regierungsparteien - zuordenbar sind. Natürlich gibt es da mögliche Interessenskollisionen. Da es offenbar nahezu unmöglich scheint, den politischen Einfluß zurückzudrängen, wäre es hoch an der Zeit, zumindest in der Frage der Offenlegung ganz andere Prinzipien an den Tag zu legen.

Wie wir alle wissen, gibt es bei der Auftragsvergabe selbst fast eine Einladung dazu, überhöhte Anbote zu legen. Da gibt es den Rattenschwanz an sehr unangenehmen und schädlichen Begleiterscheinungen, wie etwa die Inserate in Parteizeitungen und ähnliches.

Herr Bundesminister! Ich glaube, Sie sollten sich dazu schon äußern, und zwar auch hier und heute, da hauptsächlich die Affäre Rosenstingl/FPÖ im Vordergrund steht, denn es besteht ein schwerwiegender Verdacht, daß Sie Unterlagen schon früher hatten. Ich meine, daß es grade angesichts der heutigen Diskussion notwendig wäre, daß Sie sich dazu äußern.

Herr Abgeordneter Eder! Ich frage Sie schon, ob es wirklich das Äußerste an Aufklärungswillen ist, wenn ein Wiener Bürgermeister den Baufirmen rät, sie sollen doch den Aufdecker klagen. Ich würde mir das Umgekehrte vorstellen: daß er den Baufirmen, und zwar dringend, anordnet, daß sie alle Unterlagen auf den Tisch legen und für "gläserne Kassen" sorgen sollen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es dann in diesem österreichischen System so weit ist, daß man es gar nicht mehr leugnen kann, daß bei einem konkreten Fall wirklich Mißbrauch betrieben wurde, dann passiert der nächste typisch österreichische Schritt: Man greift einen Schuldigen heraus und inszeniert einen "Schauprozeß". Dann ist es oftmals sogar der Staatsanwalt, der, wie im Zusammenhang mit der Pyhrn-Autobahn-Affäre und im Zusammenhang mit Herrn Talirz, von vornherein sagt: Wahrscheinlich ist es ein Vergabemißbrauch ersten Ranges, aber das ist nicht strafbar!


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