Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 118. Sitzung / 74

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. - Bitte, Herr Abgeordneter.

13.46Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die heutige Diskussion und die Annäherung der Freiheitlichen Partei an dieses Thema nicht nur heute, sondern auch in den letzten Tagen kann man nur als beschämend und skandalös bezeichnen, meine Damen und Herren von der FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Wollte man insbesondere das, was sich heute früh der Abgeordnete Stadler geleistet hat und was jetzt sein Kollege, Parteiobmann Haider, im Zusammenhang mit Herrn Präsidenten Fischer erklärt hat, qualifizieren, so müßte man es eigentlich in die Kategorie Charakterlosigkeit einordnen. Ich möchte nicht mehr dazu sagen, ich glaube, Ihre Reden sprechen für sich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann der Feststellung der Kollegin Petrovic, daß Sie offensichtlich nicht verstanden haben, wie und auf welcher Basis die Abläufe hier im Hohen Haus funktionieren, nichts hinzufügen. Wenn Sie sich dazu versteigen, daß Sie tatsächlich der Meinung sind, der Präsident dieses Hauses sollte einzelne Abgeordnete zu sich zitieren und sie auffordern, ihm Rechenschaft abzulegen, warum gewisse Vorfälle stattgefunden haben, warum hier Exekutionen geführt werden, dann gehen Sie völlig an unserer verfassungsmäßigen Basis vorbei, meine Damen und Herren.

Ich habe noch nie eine derart skandalöse Argumentation in diesem Zusammenhang gehört (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP und bei den Grünen), und ich weiß auch nicht, wie es wäre, wenn Sie tatsächlich irgend etwas in diesem Land zu reden hätten. Ich glaube, gerade am heutigen Tag muß man sagen: Das zu verhindern, meine Damen und Herren, ist die Verpflichtung des anständigen Österreichs. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Erschütternd war für mich, daß sich da ein Wirtschaftstreuhänder herstellt und als Zeichen dafür, wie anständig und fleißig er ist, tatsächlich sagt: Ich habe eine Kanzlei, und bei mir ist es selbstverständlich üblich, daß all jene, die Gehaltspfändungen haben, zu mir kommen und eine Rüge bekommen.

Der Kollege Stadler hat heute immer wieder dazwischengeschrieen: § 301 Exekutionsordnung!, und zwar in einer nahezu peinlichen und anbiedernden Weise. Meine Damen und Herren! Sie müssen schon zur Kenntnis nehmen, daß im Verhältnis Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein disziplinarrechtliches Abhängigkeitsverhältnis besteht. Wenn Sie jetzt dem Präsidenten vorwerfen, daß er das Datenschutzgesetz nicht gebrochen hat, dann unterstellen Sie ganz einfach, und das ist offensichtlich Ihr Wunsch, daß ein disziplinarrechtliches Unterordnungsverhältnis zwischen dem Präsidenten dieses Hauses und den freien Abgeordneten bestehen soll. Dann wären sie nicht mehr frei, und das werden wir zu verhindern wissen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Dr. Haider! Es hat in dieser Republik noch keinen derartigen Skandal gegeben, wo ein Abgeordneter dieses Hauses 200 Millionen Schilling veruntreut! Meine Damen und Herren, einen solchen Skandal hat es noch nicht gegeben. Sie aber wollen diesen Skandal offenbar zu einem Art Spektakel machen. Sie werden sich dann wahrscheinlich herausreden und sagen: Wir wollen den gläsernen Staat! Ich kann Ihnen sagen, daß die Abgeordneten, gegen die jetzt Erhebungen laufen, freiwillig zurückgetreten sind. - Herr Kollege Haider! Das ist aber sicher nicht die Lösung dieser Angelegenheit, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen!

Diese Show wird eine Makulatur sein, und ich glaube nicht, daß einer von den sogenannten anständigen Österreichern, die Sie immer ansprechen, Ihnen diese Show auch noch abnimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich möchte bei dieser Gelegenheit vielleicht auch Ihrem Erinnerungsvermögen ein wenig auf die Sprünge helfen. Es hat im Jahr 1989 einen etwas kleineren Skandal gegeben: Der damalige Generalsekretär Ihrer Partei, Scheibner, ist bezichtigt worden, daß er während des


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