Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 22

Die Erfolge, die wir in der Exportindustrie haben, meine Damen und Herren, zu denen ich der Exportwirtschaft gratuliere, sind solche, die durch den EU-Beitritt zustande gekommen sind, weil die österreichische Wirtschaft jetzt den Markt hat, den sie braucht, aber das liegt im wesentlichen im sekundären Sektor begründet. Dort, wo Sie zusätzliche Beschäftigung schaffen können, dort, wo Sie den wachsenden Andrang auf den Arbeitsmarkt bewältigen können, findet man wenige oder gar keine Vorschläge, denn da geht es um das absolute Erfassen von Bedürfnissen von Kunden im Dienstleistungsbereich, da geht es um die absolute Erfassung von Beschäftigungschancen.

Der Nationale Aktionsplan zeigt im Bereich der Flexibilisierung der Arbeitswelt dort hin, wo es zum Kunden geht - selbstverständlich mit einer sozialen Symmetrie und einem sozialen Schutz -, er weist nicht darauf hin, daß wir in Österreich nach wie vor von allen Ländern den geringsten Flexibilisierungsgrad haben. Ich zitiere aus der Statistik der Europäischen Union: Der Index für die Arbeitszeitflexibilität beträgt in Österreich 51 und in Deutschland 80, in Portugal 100, und der Durchschnitt der EU macht 100 aus. (Abg. Verzetnitsch: Warum ist eigentlich die österreichische Beschäftigungslage so gut, wenn wir so schlecht flexibel sind? - Das frage ich mich schon!)

Herr Präsident Verzetnitsch! Die Beschäftigungslage in Österreich - die Frau Bundesministerin hat uns das wieder vorgebetet - ist betreffend Jugendbeschäftigung gut, dazu gratuliere ich Ihnen. (Abg. Verzetnitsch: Insgesamt!) Sie ist aber schlecht bezogen auf die Gesamtbeschäftigung, denn unser Prozentsatz an Arbeitslosen ist mindestens so hoch wie jener von Deutschland. Das brauchen wir doch nicht 50mal zu diskutieren.

Wir haben in Österreich 240 000 arbeitslose Menschen, wir haben einen riesigen Anteil an Frühpensionisten, wir haben Karenzgeldbezieher und so weiter. Sie kommen also auf eine Arbeitslosenzahl, wenn Sie das, was Sie anders "geparkt" haben, tatsächlich mitbewerten, von an die 500 000 bis 600 000 Menschen. (Abg. Verzetnitsch: Das haben die Deutschen genauso! Das haben die Franzosen genauso!) - Aber das stimmt doch nicht. Österreich hat den höchsten Anteil an Frühpensionisten, den es in Europa überhaupt gibt. (Abg. Verzetnitsch: Die anderen nennen es eben anders! Sie nennen es Vorruhestand!)

Sie überweisen von der Arbeitslosenversicherung jährlich 5 bis 6 Milliarden Schilling an die Pensionsversicherung, weil Sie verstanden haben, daß dieses "Parken" von arbeitslosen Menschen über 50 Jahren besser ist, als sie arbeitslos sein zu lassen. Aber de facto, um es mit den Zahlen der Europäischen Union vergleichbar zu machen, mit denen Sie sich brüsten, haben wir dieselbe Arbeitslosenzahl wie in Deutschland. Wir sind möglicherweise anders damit umgegangen, das konzediere ich gerne und freue mich darüber.

Der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung will in seiner ersten Säule die Vermittelbarkeit verbessern. Da sind Fortschritte in der Aus- und Weiterbildung geplant - mein Kompliment dazu. Aber es wird keine Antwort darauf gegeben, was wir mit der steigenden Zahl an Menschen tun, die aus dem Arbeitsprozeß herausfallen und aufgrund ihrer Qualifikation nie wieder Arbeit bekommen werden. Es steht nichts über den gesellschaftlichen ... (Bundesministerin Hostasch: Halbierung!)

Frau Bundesministerin! Sie können sich das Halbieren wünschen. Menschen, die aufgrund ihrer Qualifikation aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden sind, sind ein Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels, den Sie mit neuen Instrumenten bekämpfen werden müssen. (Abg. Verzetnitsch: Das steht ja drinnen!)

Wir Liberalen bieten Ihnen den Ansatz der Grundsicherung an, da wir meinen, daß es ein Menschenrecht in dieser Gesellschaft ist - auch dann, wenn man nicht in der Lage ist, im Arbeitsprozeß wieder ein Unterkommen zu finden -, eine Absicherung zu haben. Wir meinen, daß die Begriffe Arbeit und Leistung, über die Sie in Ihrem nationalen Beschäftigungsplan kein Wort verlieren, nicht ausreichend diskutiert werden.

Es gibt Arbeit, die volkswirtschaftlich keine Leistung ist, die also im Bruttosozialprodukt keinen Niederschlag findet. Aber es gibt sehr wohl Arbeit, die gesellschaftlich notwendig ist, die wir


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