Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 38

nämlich genau mit diesen Überlegungen auseinanderzusetzen und schreibt es sogar in die Wahlprogramme. Also man hat dort nicht einmal mehr vor den eigenen Wählern Angst, so etwas zu fordern. Das wäre nämlich der Boden, auf dem sich eine dynamisierte und flexibilisierte Arbeitswelt entfalten könnte.

Aber jetzt vom Beschäftigungsplan als solchem zum Gesamtinhalt, also zur Seite 3 ab der Mitte: Die 100 000 Personen, die Sie innerhalb der nächsten fünf Jahre neu in Beschäftigung bringen wollen, das ist exakt dieselbe Zahl - wir haben das schon im Ausschuß und in der Aussprache ausführen können -, die das Wifo in einer für das AMS im Jänner dieses Jahres angefertigten Studie als die zu erwartende Zunahme an Beschäftigung prognostiziert hat, aber nicht für die nächsten fünf Jahre von heute an, sondern für die nächsten vier Jahre von heute an.

Ich gebe schon zu, daß solche Prognosen des Wifo der Unsicherheit unterliegen, allerdings ist das Wifo eher konservativ und behutsam bei Prognosen, und diese Prognose des Wifo ist ohne Beschäftigungsprogramm abgegeben worden. Jetzt macht die Regierung ein Beschäftigungsprogramm und kündigt an, sie werde damit 100 000 neue Beschäftigte ermöglichen, das heißt, der vom Wifo errechnete Trend wird als Ergebnis eines Planes dargestellt. Und das ist, finde ich, schade, denn ich hätte gemeint, wenn man einen Plan macht, dann müßte er auf den Trend aufsetzen, ihn verstärken und ein Mehr erbringen.

Die Frau Bundesministerin hat dazu im Ausschuß gemeint, die Prognose sei so optimistisch, vielleicht wären es nur 70 000 gewesen, und 30 000 sind vom Plan. (Abg. Dr. Feurstein: Das sind geschätzte Zahlen!) Schon, Kollege Feurstein, aber ich glaube, wenn die Dokumente so nebeneinander liegen und das Wifo im Jänner 100 000 Beschäftigte mehr prognostiziert hat, wenn Feber, März, April vergangen sind und es jetzt im Mai im Nationalen Beschäftigungsplan auch 100 000 gibt, dann sind das im Zweifelsfall einfach dieselben 100 000.

Es sind dieselben 100 000, daher ist dieser Beschäftigungsplan offenbar von einem gewissen Pessimismus getragen. Allerdings konnte man damit rechnen, daß, wenn man das Papier nach Brüssel faxt, die Wifo-Studie in Brüssel nicht vorliegt. Aber mittlerweile hat sich das bis Brüssel herumgesprochen, und es wird dort gelesen werden. Glücklicherweise, werden Sie mir jetzt sagen, hat Österreich in der Zeit, in der dieses Papier evaluiert wird, den Ratsvorsitz, und mit uns selber werden wir schon nicht so streng sein. (Abg. Dr. Feurstein: Strenger!) Aber so wird das nicht laufen! Die Evaluierung dieses Papiers wird nämlich nicht im Alleingang von den österreichischen Sozialpartnern vorgenommen werden, sondern auf der öffentlichen Bühne in Brüssel.

Und das kann eine Stunde der Wahrheit werden. Glauben Sie mir das, denn das, was hier steht, ist teilweise wirklich beschämend! Zum Beispiel die "Gründerwelle": Von dieser "Gründerwelle" höre ich schon, seit es diese Koalition gibt, nämlich seit dem Jahre 1987. Davon sprach seinerzeit Robert Graf, der verstorbene Wirtschaftsminister, dann war es Wirtschaftsminister Schüssel, dann war es Ditz. Sie alle haben diese "Gründerwelle" verkündet. Wir müßten ja schon unter Wasser sein vor lauter Gründerwellen, aber ich sehe das alles nicht.

Im Gegenteil: Reden Sie einmal mit Leuten, die sich wirklich selbständig machen wollen, nicht mit jenen, die irgendwo nur ein Taferl hinaushängen und sagen: Ich bin jetzt EDV-Trainer! (Abg. Dr. Feurstein: Das ist ein ehrenwerter Beruf!), sondern mit jenen, die wirklich auch Leute beschäftigen wollen. Das ist nicht sehr einfach. Allein, bis sie es geschafft haben, die Hürden der zwangsweisen Mitgliedschaft in der Kammer zu überwinden. Das ist nämlich das Interessante: Auf der einen Seite muß man Mitglied sein, auf der anderen Seite wird man stark behindert, Mitglied zu werden, weil die Kammern merkwürdige Schranken vor die Aufnahme von Berufstätigkeit legen.

Wir hatten zuletzt am Fachverbandstag der Unternehmensberater eine interessante Diskussion über den Wert von Befähigungsnachweisen. Das war wirklich eine interessante Diskussion, denn es konnte dort nämlich niemand widerlegen, daß der eigentliche Befähigungsnachweis des Wirtschaftstreibenden der Markt ist. Täglich muß sich die Befähigung im Verhältnis zu den Kunden, zu Auftragnehmern - oder wie Sie das auch immer nennen wollen - bewähren. Natürlich


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