Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 39

braucht man eine fundierte Ausbildung, aber die Ausbildung ist nicht alles. Die Ausbildung ist die Voraussetzung, und die anschließende Weiterentwicklung der Qualifikation ist das Wesentliche. Von Weiterqualifizierungen lese ich in diesem Papier allerdings nichts.

Das wären aber die Anstoßgeber, denn wenn Sie die einzelnen 100 000 Arbeitsplätze herbeibeten wollen, wird Ihnen das nichts nützen. Sie müssen dort ansetzen, wo sich Multiplikatoren im Arbeitsmarkt bewegen, und die Multiplikatoren im Arbeitsmarkt sind die potentiellen Arbeitgeber, die Unternehmensgründer. Sie sind die nachmaligen Multiplikatoren in den Arbeitsmärkten, und dort machen Sie, mit Verlaub gesagt, nichts. Die Statistik weist hinsichtlich der Selbständigenquote Defizite aus, und nur davon, daß Sie da "Gründerwelle" hineinschreiben, kommt das nicht.

Zu den Beschäftigungsquoten schreiben Sie ganz locker, daß Sie eine weitere Erhöhung der Beschäftigungsquoten wollen. - Dafür bin ich auch. Weiters heißt es: Hiezu sind verstärkte Maßnahmen zur Herstellung der Chancengleichheit von Männern und Frauen notwendig. - Ja, dann suchen Sie einmal die Maßnahmen, die sich mit der Herstellung von Chancengleichheit von Männern und Frauen beschäftigen! Sie finden sie nicht ernsthaft, außer in der Form von Sonntagsformeln. Mißverstehen Sie mich nicht: Es findet sich nichts konkret Operatives!

Als wir hier im Hause über das Frauen-Volksbegehren diskutiert haben, hätten Sie die Möglichkeit gehabt, auf der Verfassungsebene einen echten Schritt zu machen, aber da sind Sie sozusagen in einem Halbschritt hängengeblieben.

Das ist das eigentlich Tragische an diesem Beschäftigungsprogramm: daß es gerade noch dafür geeignet war, daß die Frist nicht versäumt wurde, ein Dokument nach Brüssel zu schicken. Diese Funktion hat es erfüllt, aber was es tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt bewirken wird, muß wirklich mehr als dahingestellt bleiben. Denn daß jetzt die Bildungspolitik erstmals entdeckt wurde - meine Kollegin Schaffenrath wird darauf vielleicht noch eingehen, und Kollege Feurstein hat es zu Recht gelobt -, dazu muß ich sagen: Jetzt schreiben wir das Jahr 1998! Und jetzt muß sich ein Mitglied einer Regierungspartei, ein hochverdienter Sozialsprecher, nämlich Kollege Feurstein, da herstellen und sich darüber freuen, daß erstmals die Bildungspolitik als Element der Arbeitsmarktpolitik entdeckt wird. Ja bitte, es weiß doch jeder, der sich damit beschäftigt, seit Jahrzehnten, daß das die Voraussetzung für erfolgreiche Entfaltung ist. Und das, was bisher in Österreich geschehen ist, war offenbar nur Zufall?

Oder die vielgelobte duale Ausbildung: Sie ist wirklich etwas Wichtiges. Da gibt es Reformnotwendigkeit und auch Vorschläge der liberalen Fraktion sonder Zahl - ich will Sie jetzt nicht damit langweilen -, nur, wenn Sie das über Berufsbilder entwickeln wollen, die die Kammer erfindet, wird das nicht gehen, denn die Kammer ist viel langsamer, als sich Berufsbilder auf dem Markt in Wirklichkeit entwickeln. Daher müssen Sie sich endlich einmal überlegen, wie Sie Wege in der dualen Ausbildung schaffen, die nicht statisch, sondern dynamisch sind. Denn der Gartencenterkaufmann, der in Wirklichkeit jemand ist, der Selbstbedienungsflächen bewacht, auf denen Gartengeräte und Pflanzen verkauft werden, ist kein zukunftsträchtiges Berufsbild, sondern das ist ein Schmalspurkaufmann. Das gilt auch für den sektoralen Gastronomen - oder wie das heißt; ich habe mir diesen Begriff gar nicht gemerkt -, also für den Hilfsarbeiter bei McDonald's. Das ist kein wirklicher Beruf. (Abg. Schaffenrath: Systemgastronom! - Abg. Mag. Peter: Der Systemgastronom!) - Der Systemgastronom. Danke.

Systemgastronom - das hört sich großartig an. Ich sehe die leuchtenden Augen eines Vierzehnjährigen, wenn er hört, er kann Systemgastronom werden. Der glaubt vielleicht, er ist auf dem Weg zum Haubenkoch. In Wirklichkeit ist er auf dem Weg zum Hilfsarbeiter, weil er einfach Handreichungen in einer vollautomatisierten, auf Mikrowelle abgestellten Fast-food-Bude lernt. Die ist auch gut, ja, aber das ist keine duale Ausbildung. Verstehen Sie mich richtig! Das ist ein Problem.

Jetzt zum Abschluß nur noch ein Leitwort aus dieser Seite 3: die technische Infrastruktur. Darüber habe ich mich gefreut. Ich habe mir gedacht, jetzt haben Sie bemerkt, daß es eine der staatlichen Aufgaben in der Wirtschaftspolitik wäre, sich um die Entwicklung der Infrastruktur zu


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