Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 40

kümmern. Aber dort liegt es ganz besonders im argen. In der Verkehrspolitik werden österreichweit Nebenbahnen stillgelegt, im internationalen Kontext - ich rede jetzt von der Schiene - wird nichts gemacht, mit dem voraussehbaren Ergebnis, daß am Ende alle österreichischen Bahnen Nebenbahnen sein werden, weil wir nicht an das europäische Netzwerk angebunden sein werden, und im Bereich der Kommunikation sind ganze Landesteile Steppe. Ich sage das bewußt: Kommunikationssteppe.

Ich kenne einige Leute, die ihre Betriebe sehr gerne in das Waldviertel, in die südliche Steiermark, in das Mühlviertel verlegen würden, weil sie aufgrund ihrer Betriebsstruktur von der Lage völlig unabhängig sind und ganz gerne auch die Benefits hätten, in einer angenehmen Umgebung arbeiten zu können. Das sind allerdings teilweise High-Tech-Betriebe der Kommunikationsbranche. Die erzählen Ihnen etwas, wenn sie draufkommen, daß es dort keine ISDN-Leitungen gibt, die erzählen Ihnen etwas, wenn sie draufkommen, daß sie mit dem Unternehmen nicht dorthin können, weil sie dort die Infrastruktur nicht vorfinden, die sie für den Betriebsstandort brauchen. Daß die Straßen dorthin schlecht sind, das nähmen sie noch in Kauf, weil sie nicht so oft pendeln müssen, wenn sie dort arbeiten, daß auch sonst vielleicht manches nicht zum besten steht, nähmen sie noch in Kauf, aber wenn Sie ihnen die Lebensadern nicht zur Verfügung stellen, nämlich die Technologie, die Strukturen für den Datentransport in diesem Fall, dann bleiben sie im Ballungsraum und ziehen nicht hinaus.

Sie hätten damit Unternehmen auf dem Land gehabt, die der Nukleus für die Weiterentwicklung anderer Möglichkeiten sind; aber da geschieht nichts. Im Gegenteil: Da sitzt "Rudi Ratlos" in der Post und überlegt, wie er die Defizite, die ihm die Regierung aufgelastet hat, abdecken kann. Der "Rudi Ratlos" heißt in diesem Fall Ditz und weiß nicht, was er mit seinen über 100 Milliarden Schilling Schulden machen soll. Aber es geschieht nichts im Bereich der Infrastrukturen, obwohl das die Schlüsselantwort einer innovativen Wirtschaftspolitik gewesen wäre.

Wenn Sie bei den Infrastrukturen etwas machen würden, dann könnten Sie den Trend der Wifo-Studie vielleicht tatsächlich um 50 000 Arbeitsplätze übertreffen. Wenn Sie in diesen Bereichen nichts machen, dann wird das Wifo vielleicht recht gehabt haben, aber an diesem Plan ist es nicht gelegen. - Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. - Bitte, Frau Abgeordnete.

20.07

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen Bundesministerinnen! Ich habe heute eine Einladung in Händen gehabt: "Nationaler Aktionsplan für Beschäftigung - Österreichische Schwerpunkte - Europäische Perspektiven". Das ist die Veranstaltung, bei der die Frau Bundesministerin schon seit einer Stunde sein sollte. Ich sage das nur deshalb, weil es in einem gemeinsamen Europa ganz wichtig ist, daß national wie international größte Anstrengungen um Beschäftigung gemacht werden. Und es ist Österreichs Verdienst, daß in der EU, in der bisher ausschließlich Geld- und Wirtschaftspolitik regiert haben, jetzt Beschäftigung und überhaupt die soziale Dimension einen höheren Stellenwert haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Beim Luxemburger Beschäftigungsgipfel im Dezember 1997 wurden 19 Leitlinien festgelegt. Jetzt haben alle Teilnehmerländer einen Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung erstellt. Die vier Säulen brauche ich nicht zu erwähnen, sie wurden heute schon mehrfach erwähnt, aber ein Punkt aus dem Bereich Jugend ist mir ein Anliegen.

Herr Kollege Öllinger hat gemeint, alle jungen Menschen hätten ein Recht auf Berufswahl. Ich teile diese Auffassung, aber, so wie schon mein Kollege Antoni gesagt hat, es ist mir allemal wichtiger, junge Menschen länger in der Schule zu haben - mit allen Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen, die im Aktionsplan vorgesehen sind -, bevor ich sie auf der Straße habe - ohne Perspektiven! Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Ich konnte auch nicht den Beruf wählen, den ich wollte. Damals waren freilich die Zeiten anders. Aber wenn man jungen Menschen Perspektiven gibt, dann können sie auch manches nachholen, würde ich meinen.


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