Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 48

den. Dennoch gehen mir 30 000 Jobs ab, Frau Bundesminister. Auf der einen Seite werden 28 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, auf der anderen Seite gehen zusätzlich 30 000 Arbeitsplätze verloren. Diese Rechnung geht nicht ganz auf! Laut nationalem Beschäftigungsplan sollen 20 000 bis 30 000 Jobs durch aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, durch Umschulung bisheriger Arbeitsloser, geschaffen werden. - Ich bin aber neugierig, welchen Job jemand, der bisher am Bau, in der Grundstoff- oder Genußmittelindustrie beschäftigt war und knapp 50 Jahre alt ist, nach der Umschulung bekommen wird! Er kann zwei oder drei Jahre zur Umschulung gehen, einen Job wird er aber nicht bekommen, weil die Wirtschaft niemanden mit diesem Alter aufnimmt. Das ist das Problem! Es wird dadurch nichts anderes bewirkt, als daß der Profit des Wifi und des BFI steigt und die Leute nicht sofort auf der Straße stehen, sondern irgendeine Beschäftigung haben. Alles, was dabei herauskommt, ist, daß das den Steuerzahlern einen Haufen Geld kostet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im nationalen Beschäftigungsplan steht, daß mit 70 000 bis 80 000 von diesen 100 000 neu zu schaffenden Jobs eine Verbesserung der Konjunktur erreicht werden soll. Es wird ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent prognostiziert, und damit soll für eine Ausweitung der Beschäftigung gesorgt werden. Sehr verehrte Frauen Ministerinnen! Wie soll die Wirtschaft aber wachsen, wenn zum Beispiel eine Gründerwelle - Herr Kollege Kier hat das heute schon erwähnt - zugleich propagiert und verhindert wird? - Es heißt, daß mehr Betriebe entstehen sollen. Tatsächlich gab es in Österreich im ersten Quartal 1998 aber um 12 Prozent weniger Betriebe als im Vorjahr. 1 333 Betriebe wurden seit vorigem Jahr aus dem Firmenbuch gelöscht. Insgesamt gibt es derzeit 276 400 Betriebe in Österreich, was sehr, sehr wenig ist.

Was soll ich dazu sagen? - Eigentlich sind die Wirtschaftskammer und die Bundesregierung die Verhinderer der Gründerwelle! Denn wenn jemand einen Betrieb gründen will, dann muß er zuerst einmal einen Hürdenlauf bei den Behörden absolvieren und beträchtliche Summen an Einschreibegebühr für die einzelnen Gewerbeberechtigungen zahlen. Und das schreckt natürlich viele ab. Außerdem haben wir eine hohe Steuer- und Abgabenquote, und die realen Einkommen in Österreich sinken, und wenn die Einkommen geringer sind, dann sinkt natürlich auch die Kaufkraft. Daher wäre es unbedingt notwendig, die Lohnsteuerreform vorzuziehen. Denn eine Abnahme der Kaufkraft bedeutet ein geringeres Wirtschaftswachstum.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wachstum entsteht nicht durch Lohnabbau und Einschränkung von Arbeitnehmerrechten, sondern durch kaufkräftige Konsumenten. Das hat seinerzeit schon ein großer Unternehmer erkannt, nämlich Henry Ford, der gesagt hat: Autos kaufen keine Autos, sondern meine Mitarbeiter müssen soviel verdienen, daß sie meine Autos auch kaufen können. - Das müssen auch Sie beherzigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. - Bitte, Herr Abgeordneter.

20.46

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Vertreterinnen der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ziel der Bundesregierung ist es, mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung neue zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, das Niveau der derzeitigen Arbeitslosigkeit zu verringern, die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern zu fördern, unser bewährtes Ausbildungs- und Beschäftigungssystem im Interesse dynamischer Strukturanpassung flexibel, innovativ und durchlässig zu gestalten und eine neue Kultur im Bereich der Selbständigkeit zu fördern.

Durch welche Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan soll dies geschehen? - Es werden vier Schwerpunkte entsprechend den politischen Leitlinien, die von der Europäischen Union vorgegeben wurden, gesetzt. Erstens: Verbesserung der Vermittelbarkeit, zweitens: Weiterentwicklung des Unternehmergeistes, drittens: Förderung der Anpassungsfähigkeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, viertens: Chancengleichheit.

Ich erlaube mir, mit großer Freude darauf hinzuweisen, daß es nach wirklich harten Verhandlungen den Sozialpartnern vor allem im Bereich der Jugendlichen und der Lehrlingsbeschäftigung


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