Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 51

diesem Bereich gehört. Ich bin mir sicher, daß uns das noch auf den Kopf fallen wird! Denn Sie wissen genausogut wie ich, daß die größte Anzahl der Arbeitslosen jene jungen Menschen bilden, die mit einem Lehrabschluß auf dem Arbeitsmarkt dennoch keinen Platz finden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es wurde heute die Vorlehre angesprochen. - Ich habe mich von dieser Stelle aus immer dazu bekannt, daß ich bereit bin, einer Grundlehre zuzustimmen. Ich bin aber strikt dagegen, wenn diese Vorlehre ein in sich abgeschlossenes Ausbildungssystem wird, mit welchem sozusagen qualifizierte Helfer und Helferinnen ausgebildet werden. Ich bin für die Möglichkeit von Zwischenabschlüssen, ich bin aber gegen ein Aussortieren von jungen Menschen, von denen man, wenn sie 15 Jahre alt sind, meint, sie wären für eine weitere Ausbildung nicht geeignet, von 15jährigen mit all ihren pubertären Problemen und vielleicht voll von Schulfrust! Wir müssen diese jungen Menschen integrieren, und wir können ihnen nach zwei Jahren einen Ausstieg ermöglichen. Wenn aber spezielle Lehrpläne konzipiert werden, nach denen junge Menschen in eigenen Schulklassen zusammengefaßt werden, dann sehe ich wenig Chancen für die Schaffung von echter Durchlässigkeit. Das haben sich junge Menschen, die während der Pubertät und wegen Schulfrust kurzfristig Probleme haben, langfristig nicht verdient! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den Berufsbildern muß ich auch noch etwas sagen: Das Beispiel "Systemgastronom" wurde heute schon angesprochen. - Ich glaube, in diesem Zusammenhang kann man nicht wirklich von einer dualen Ausbildung beziehungsweise von einer echten Berufsausbildung sprechen. Ich habe wirklich Sorge, Herr Kollege Feurstein - ich glaube, Sie haben dieses Beispiel gebracht -, daß sich niemand um die Abgänger dieser Lehre reißen wird. Diese Lehrlinge der Systemgastronomie werden eher billige Hilfsarbeitskräfte werden, die die jetzt dort Beschäftigten verdrängen werden, weil ... (Abg. Dr. Feurstein: Sie haben keine Ahnung! Kommen Sie einmal nach Bludenz und schauen Sie sich das an!) Sagen Sie das nicht! Ich habe mir die Systemgastronomie an der Landesberufsschule für Gastgewerbe in Absam schon angesehen. Ich weiß wahrscheinlich über die Inhalte mehr als Sie, Herr Kollege Feurstein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Im Zusammenhang mit den Übergangslehrgängen für geeignete Lehrlinge, die, wie Sie gesagt haben, momentan keine Lehrstelle finden und jetzt im Wifi, im BFI und, wenn möglich, in Betrieben oder, falls keine Stelle in Betrieben gefunden wird, an HTL oder in den Praxisräumen verschiedener Schulen ihre Praxis ausüben können, habe ich eine Frage: Wie wollen Sie die 2 000 S Taschengeld, die diese Lehrlinge bekommen, gegenüber HandelsschülerInnen und gegenüber Fachschülern und Fachschülerinnen rechtfertigen, die ebenso eine schulische Ausbildung und eine Berufsausbildung absolvieren?

Noch eines: Welche Lehrpläne wird es dort geben? Welche Ausbildungsinhalte wird es geben? Wer werden die Lehrpersonen sein, die an den WIFIs und BFIs unterrichten? - Ich weiß, daß dort auch Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen unterrichten, aber ich glaube nicht, daß jeder Erwachsenenbildner/jede Erwachsenenbildnerin in der Lage ist, ohne pädagogische Ausbildung und ohne methodisch-didaktische Ausbildung die schwierige Aufgabe, junge Menschen auszubilden, ohne weiteres zu erfüllen. Wäre das so, dann müßte ich mich tatsächlich fragen, wozu wir noch berufspädagogische Akademien haben. Dann ist eine solche Ausbildung für unsere jungen Menschen anscheinend nicht notwendig.

Herr Kollege Maderthaner! Wenn wir keine Lehrstellen für diese geeigneten jungen Menschen finden, dann müssen wir eben Bedingungen schaffen, daß die Wirtschaft - wie in der Vergangenheit - bereit ist, solche Lehrstellen anzubieten. Ich kann es fast schon nicht mehr hören, wie gut unser Ausbildungssystem funktioniert. - Es ist vom Grundkonzept her ein ausgezeichnetes System, nur: Es funktioniert nicht mehr.

Herr Kollege Maderthaner! Es war ja die Wirtschaftskammer, die eindeutige Forderungen für eine Reform auf den Tisch gelegt hat. Ich frage Sie noch einmal: Sind Sie denn zufrieden mit den Änderungen im Berufsausbildungsgesetz? Sind Sie denn zufrieden mit den Änderungen im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz? - Ich frage diejenigen, die in der Tourismuswirtschaft


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