Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 60

lassen. Wir müssen die Schiedsstelle, die wir im NAP vorgesehen haben, wirklich mit Leben erfüllen, denn das bietet eine Chance, daß die Sozialpartner in diesem Bereich wirklich partnerschaftlich zusammenwirken und in Verantwortung für die Jugend die entsprechenden Schritte setzen.

Ich möchte allerdings betonen: Wir vertreten die Meinung, daß man Lehrplätze auf Dauer nicht kaufen kann. Das möchte ich ganz klar feststellen. Der Weg der Volkspartei ist ein anderer. In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Kollegen Verzetnitsch sagen, daß das Fohndsdorfer Modell nicht unser Modell ist. Wenn für 40 Lehrlinge 26 Millionen Schilling aufgewendet und für 19 000 Lehrlinge in der Steiermark 30 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden müssen, dann kann das nicht unser Zukunftsmodell sein! Unser Weg ist ein anderer. Wir glauben, daß wir die duale Ausbildung stärken müssen. Wir glauben an die Leistungen unserer Ausbildungsbetriebe, und wir sind sicher, daß sich die Wirtschaft der Verantwortung bewußt ist - wenn man sie nur arbeiten läßt! Wir stehen zur dualen Ausbildung, weil sie der Jugend die meisten Chancen für die Zukunft bietet! (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf der Abg. Madl.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. - Bitte, Frau Abgeordnete.

21.45

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Bundesministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über den Aktionsplan für Beschäftigung diskutieren, so kann ich aufgrund meiner tagtäglichen Arbeit im Betrieb nur dick unterstreichen, wie wichtig es ist, Prioritäten zu setzen, um die Zahl der Arbeitslosen zu reduzieren und vor allem für die Langzeitarbeitslosen einen Neustart zu ermöglichen. Denn wenn heute jemand mit über 40 plötzlich ohne Arbeit dasteht, sieht die Situation für ihn traurig aus. Vor allem jene, die eine geringere Qualifikation haben, haben auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance.

Durch die Entwicklung und Einrichtung gezielter Arbeitsförderungsprogramme wird es aber möglich sein, das angestrebte Ziel, neue Arbeitsplätze zu schaffen, zu erreichen. Die schon jetzt von Arbeitsplatzverlusten betroffenen Beschäftigten in der Textil-, Bekleidungs- und Lederverarbeitungsbranche werden auch in nächster Zeit leider noch von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Da ich aus dieser Branche komme, möchte ich betonen, wie wichtig es ist, den Betroffenen mit Arbeitsstiftungen und stiftungsähnlichen Angeboten helfen zu können.

Meine Damen und Herren! Ich möchte dies am Beispiel meines Betriebes erläutern. Aufgrund des Einbruchs im TBL-Bereich im letzten halben Jahr wurden 130 Mitarbeiter, worunter sich viele ungelernte Arbeitskräfte befanden, gekündigt. Die Möglichkeit, eine Arbeitsstiftung zu installieren, war davon abhängig, ob wir die Finanzierung zustande bringen. Es mußte ein Betrag von 6,9 Millionen Schilling aufgebracht werden. Die im Betrieb verbliebenen Beschäftigten waren bereit, 1 Prozent ihres Bruttoverdienstes auf drei Jahre solidarisch für jene, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, einzuzahlen. Die Firmenleitung stellte 1,5 Millionen Schilling für drei Jahre zur Verfügung, 1,9 Millionen Schilling wurden vom sozialen Bereich des Landes und 1,9 Millionen Schilling vom wirtschaftlichen Bereich zur Verfügung gestellt. Somit waren die finanziellen Voraussetzungen gewährleistet.

Im März haben wir mit Berufsorientierungskursen begonnen, und bereits am kommenden Montag, dem 18. Mai, wird es möglich sein, mit der Ausbildung zu beginnen. Das Ergebnis der Berufsorientierung ist, daß nun sechs Frauen in den Pflegeberufsbereich einsteigen, fünf Frauen den Weg in die Selbständigkeit gehen und sieben Frauen einen nicht traditionellen Beruf, wie zum Beispiel Malerin, Elektrikerin oder Tischlerin, um nur einige zu nennen, ausüben werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist wirklich eine Freude, wenn man miterleben kann, mit wieviel Engagement sich die Betroffenen auf eine neue berufliche Perspektive vorbereiten, weil sie erkennen, welche Chancen ihnen durch berufliche Besserqualifizierungen eröffnet werden. Dabei möchte ich erwähnen, daß es sich hiebei vorwiegend um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer handelt, die bis zu 20 Jahre am Fließband gestanden sind!


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