Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 65

schrieben ist. Aber auch Bildungskarenz bedarf des gemeinsamem Wollens. Sie darf nicht so gehandhabt werden, wie es derzeit geschieht - zumindest mache ich in der Praxis diese Erfahrung -: Die Arbeitnehmer wollen die Bildungskarenz in Anspruch nehmen, die Dienstgeber sind noch nicht dazu bereit. Es bedarf daher einer Aufklärungsarbeit, zu der entsprechend beizutragen wir alle aufgerufen sind.

Vor drei Tagen, am Freitag vergangener Woche, ist ein junger Mensch, ein 30 Jahre alter Mechatroniker zu mir gekommen und hat gesagt, daß er Bildungskarenz nehmen möchte, der Arbeitgeber ihm dies aber nicht gestattet.

Auch die Vorlehre halte ich für positiv. Wir alle wissen - da brauchen wir uns überhaupt nichts vorzumachen -, daß es junge Menschen gibt, die in der Entwicklung einfach später reif werden. Wenn diese Menschen durch die Vorlehre die Möglichkeit haben, eine gewisse Zeit lang in den Beruf hineinzuwachsen und dann diese Zeit, in der sie bereits im Beruf oder in dem entsprechenden Feld gearbeitet haben, auf eine reguläre Lehre angerechnet zu bekommen, dann erblicke ich darin einen positiven Schritt in die richtige Richtung, auch auf dem Weg zum Facharbeiter.

Ein praktisch schon erprobtes und sehr positives Modell, das im Aktionsplan wiederum angeführt ist, sind Arbeitsstiftungen und stiftungsähnliche Maßnahmen. Kollegin Bauer hat davon schon berichtet. Ich kann Ihnen auch aus der Praxis sagen, daß von allen Personen, die bei uns - im Bezirk Braunau - durch die Stiftungen gegangen sind, 80 Prozent wieder neue Beschäftigungs- und Berufsfelder finden konnten. Es waren in unserem Bezirk nicht nur Jugendliche, sondern zum überwiegenden Teil Personen im Alter zwischen 30 und 35 Jahren, also aus jener Berufsgruppe, die vom Wandel in der Wirtschaft derzeit am stärksten betroffen ist. Deshalb ist es sehr positiv und sehr gut.

Da Kollegin Kammerlander gesagt hat, sie finde im Aktionsplan sehr viele oder nur alte Maßnahmen, muß ich dazu sagen: Wenn die Maßnahmen gut sind, warum nicht? Wenn die Maßnahmen effektiv waren, warum nicht? - Genau aus diesem Grund begrüße ich den Nationalen Aktionsplan. Es scheint notwendig zu sein, daß wir nicht nur dafür Sorge tragen, in die Produktion zu investieren, sondern daß wir dafür Sorge tragen, daß auch in den Menschen investiert wird. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. - Bitte.

22.12

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Bundesministerinnen! Meine Damen und Herren! Die Maßnahmen zur Jugend- und Lehrlingsbeschäftigung im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung sind zweifellos nicht nur geeignet, die Lehrlingsbeschäftigung anzuheben, sondern auch die Qualität der dualen Ausbildung in Österreich weiterhin zu fördern und ebenfalls anzuheben sowie damit einen Langfristeffekt zu erreichen.

Ich denke, daß vor allem die Einführung neuer Lehrberufe mit entsprechenden Durchführungsmaßnahmen eine durchaus positive Angelegenheit ist, auch wenn hier einige kritische Stimmen dazu gekommen sind; von der gleichen Seite ist dann allerdings etwa die "Ö-3"-Aktion gelobt worden. Ich habe da einige Male sehr genau zugehört. Es sind gerade die neuen Lehrberufe, die zum Teil dort gefragt sind, wo es neue Lehrstellen gibt. Es hat sich also gezeigt, daß das wirklich greift und positive Effekte zeitigt.

Wir halten auch die Einführung eines Lehrlingsfreibetrages nicht nur in bezug auf die Lehrlingsbeschäftigung, sondern grundsätzlich für ein gutes Signal, weil dies ein erster Schritt zur steuerlichen Entlastung des Faktors Arbeit ist. Es wird also nicht nur die Anschaffung von Maschinen, sondern auch die Einstellung junger Menschen steuerlich gefördert. Das ist ein Anreizsystem, das wirksam werden kann und meiner Ansicht nach auch tatsächlich wirksam werden wird.

Einen zweiten Aspekt sollten wir aber - bei aller Begrüßung der Maßnahmen zur Jugendbeschäftigung - nicht übersehen, nämlich die älteren Arbeitnehmer und ihre Schwierigkeiten auf


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