Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 128

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Es ist einfach ein Faktum, daß neue Kinderbetreuungsplätze für 1,2 Milliarden Schilling, die heute gefeiert werden, erst bis zum Jahr 2000 verwirklicht werden können. (Abg. Großruck: Bundeskanzler Klima feiert den Erfolg von Minister Bartenstein heute!) Auch die 6 000 S für mehr Familienförderung, die hier in diesem Inserat aufscheinen, Frau Kollegin Mertel, kommen erst im Jahr 2000; nächstes Jahr sind es erst 3 000 S. Und zu dieser zusätzlichen Förderung für einkommensschwache Familien, von der gerade Sie immer so schwärmen, muß ich Ihnen schon sagen: Erstens degradiert diese Form die Familien wieder einmal zu Bittstellern, und zweitens wird diese Regelung gerade im wichtigsten Bereich des untersten Viertels der Einkommensbezieher nicht verstärkt wirksam. Im Gegenteil: Sie schließt nur 20 Prozent der besserverdienenden Familien aus, und das widerspricht eigentlich dem, was Sie hier so lautstark verkünden.

Auch im Bereich der Kinderbetreuungsplätze können wir Freiheitliche nicht ganz einverstanden sein, denn bisher sind die Mittel zu mehr als vier Fünftel in öffentliche Betreuungseinrichtungen gegangen, die privaten Institutionen haben großteils durch die Finger geschaut. Wenn man uns auch im Ausschuß versichert hat, daß es jetzt neue Richtlinien zur Vergabe geben wird – so ganz trauen wir der Sache nicht. Trotzdem werden wir diesem Punkt zustimmen.

Mit dem Rest des Familienpakets, wie es hier auf dem Tisch liegt, sind wir natürlich auch nicht so zufrieden, denn die Steuergerechtigkeit, um die – und um nichts anderes – es ja letztlich im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs geht, wird zwar leicht und schrittweise verbessert, aber dem Erkenntnis wird wieder nicht entsprochen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die nächsten Einsprüche stehen also bereits vor der Tür, und zwar vor allem deshalb, weil durch den Verfassungsgerichtshof beeinspruchte Bestimmungen in diesem neuen Entwurf genau wortwörtlich wieder enthalten sind und die steuerliche Lage der Unterhaltsverpflichteten nicht verbessert wird. Es wird eigentlich nur ein verfassungswidriger Pfusch prolongiert. Auch wenn es Verbesserungen gibt, so wird er doch prolongiert.

Es stellt sich für uns Freiheitliche eine Frage: Mindestens zehn Jahre hat man österreichischen Familien das Grundrecht auf die Gleichheit vor dem Gesetz vorenthalten. Es wäre aus unserer Sicht wirklich einmal zu prüfen, ob das Einbringen von verfassungswidrigen Gesetzentwürfen, bei denen man schon vorher weiß, daß sie wieder verfassungswidrig sein werden, nicht mit dem Amtseid der Regierungsmitglieder kollidiert. Es wäre zu prüfen, ob sie damit vereinbar sind. Es wäre auch abzuklären, ob hier nicht Schadenersatzansprüche von seiten der betroffenen Familien geltend zu machen wären. Das habe ich im Ausschuß schon angesprochen, aber ich habe keine Antwort darauf erhalten.

Wir Freiheitlichen sind für die Erhöhung der Familienbeihilfe, ganz klar – gerade in diesem Bereich gibt es ein großes Loch, die Familienbeihilfe wurde durch die Sparpakete gekürzt, sie wurde jahrelang nicht valorisiert –, wir sind aber nicht dafür, daß man diese Erhöhung der Familienbeihilfe jetzt praktisch als Rückzahlung für die bisher erfolgte steuerliche Diskriminierung betrachtet, denn der Anspruch auf Familienbeihilfe steht im Gesetz neben der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung. Das ist einmal festzuhalten!

Fest steht auch, daß die steuerliche Mehrbelastung der unterhaltsverpflichteten Eltern durch das in Österreich bestehende und gerade von der Koalition so hochgelobte System der progressiven Individualbesteuerung entsteht und darin verankert ist, wodurch eine Regelung, so wie Sie sie haben wollen, ebenfalls schwierig umzusetzen ist.

Es steht weiters fest, daß die von Amts wegen festgestellte Kluft zwischen den Unterhaltsverpflichteten und den Nichtunterhaltsverpflichteten seit dem Jahre 1987 – damals hat es die erste Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegeben – immer größer geworden ist. Sie wird auch durch diese Vorlage wiederum größer. Einzig und allein ein Splitting wäre eine Möglichkeit, dem Grundprinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit gerecht zu werden; das noch dazu mit einem sehr wohl administrierbaren Aufwand. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Großruck: Richtig!)


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