Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 12

Noch einmal: Ihr Ziel ist dahin gehend zu realisieren, die Defizitquote auf mindestens 1 Prozent beziehungsweise, wenn Sie den Stabilitätspakt wirklich ernst nehmen, sogar auf 0 Prozent zu senken beziehungsweise auf Überschüsse umzulenken.

Der nächste, der die Budgetpolitik kritisiert hat - wahrlich kein Freund der Opposition - war Herr Walterskirchen vom Wifo. Er hat gesagt: Die Budgetsituation ist nicht besonders rosig. Weitere Konsolidierungsschritte sind unbedingt notwendig.

Die Oesterreichische Nationalbank lobt einerseits, daß einige Dinge erreicht worden sind, aber andererseits sagt sie, wesentliche substantielle Konsolidierungsmaßnahmen seien einfach notwendig.

Ja wo schauen Sie denn hin? Hören Sie nicht auf die Experten? Wozu sind denn dann die Experten, die für Sie arbeiten, da? - Hören Sie endlich einmal auf die Experten und machen Sie eine Budgetpolitik, die wirklich garantiert, daß eine gemeinsame europäische Währung stabil sein kann und nicht zu Lasten der österreichischen Haushalte geht!

Sehr geehrte Damen und Herren! Aber es geht auch noch um etwas anderes: Wir haben bei der Bestellung des EZB-Präsidenten ein Schauspiel erlebt. Duisenberg, der Kandidat aller mit Ausnahme der Franzosen, muß ja auf acht Jahre bestellt werden. Man hat jetzt versucht, den Vertrag so hinzutrimmen, daß man gesagt hat: Na ja, vielleicht scheidet er aus gesundheitlichen Gründen schon nach vier Jahren aus, damit die Franzosen auch drankommen können. Irgendeine Argumentation wird uns dann schon einfallen!

Aber wenn Sie sich den Vertrag anschauen, in welchem steht, wie die Bestellung beziehungsweise die Dauer des EZB-Direktoriums geregelt ist, dann können Sie sehen, daß darin im Artikel 2.11.2 ganz dezidiert steht: Die Amtszeit beträgt acht Jahre. - Was soll also das Ganze? Ist er jetzt acht Jahre da, oder ist er nur für vier Jahre vorgesehen? Muß der Maastricht-Vertrag geändert werden: ja oder nein? - Man hat da einfach eine Schunkelei gemacht!

Eine weitere Schunkelei haben Sie gemacht, und zwar eine rein politische. Sie haben gesagt: Na ja, Governor der Oesterreichischen Nationalbank ist ein Schwarzer - das ist Herr Dr. Liebscher -, aber was das EZB-Direktorium betrifft, müssen wir natürlich schon schauen, daß der politische Proporz wieder paßt. Unabhängig davon, ob der Kandidat ein Bankexperte ist oder nicht, muß es einer aus der roten Reichshälfte sein. - Man hat dann Herrn Nowotny für diesen Posten nominiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben da eine riesengroße Chance vertan, indem Sie, weil Sie nur politische Spekulationen im Kopf hatten, es vernachlässigt haben, für diesen Posten einen wirklich guten Bankexperten zu nominieren, und zwar unabhängig von der politischen Farbe, unabhängig davon, welcher Reichshälfte er angehört. Dann hätten wir nämlich eine Chance gehabt, ein Mitglied in das EZB-Direktorium zu entsenden. Mit den politischen Spielereien, die Sie da betrieben haben, haben Sie diese Chance aber vertan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie ernst nehmen Sie denn den Stabilitätspakt wirklich? - Sie haben sich ja zu einem Stabilitätspakt verpflichtet, in dem es heißt, daß das strukturelle Defizit auf 0 Prozent gesenkt werden muß, und in dem es sogar heißt, daß Überschüsse erwirtschaftet werden sollen, damit man in Zeiten, in denen die Konjunktur rückläufig ist, Maßnahmen setzen kann. Sie hoffen nur darauf, das Wirtschaftswachstum aufgrund der Exportoffensive ausnützen zu können, ändern aber nichts am Budgetdefizit. Sie beharren auf den 2,6 Prozent und feiern sie als Erfolg. Im Stabilitätspakt wird jedoch etwas ganz anderes verlangt, nämlich daß Sie in guten Zeiten Überschüsse erwirtschaften.

Wo ist denn bitte da die Realität? Leiden Sie alle an Realitätswahnsinn? Das werden Sie doch nie erreichen! Denn was bedingt denn das alles? - Wenn es jetzt zu einer wirtschaftlichen Rezession kommt beziehungsweise die Wachstumserwartungen nicht eintreffen, dann wird das strukturelle Budgetdefizit wahrscheinlich in die Nähe von 3 Prozent gehen.


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