Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 19

können Kanzler & Co den Begriff "Eigenverantwortung" überhaupt noch im Munde führen, wenn sich nichts davon in den politischen Handlungen niederschlägt?

Steuerreform: Daß der Faktor Arbeit zu hoch besteuert ist, ist inzwischen zu einer Binsenweisheit geworden. Ich möchte mich diesbezüglich auch auf den letzten OECD-Bericht berufen, in dem das ausdrücklich festgehalten wird. Das kann daher nicht abgetan werden als eine oppositionelle Sicht der Dinge, sondern es ist objektivierbar.

Daß die Umweltsteuern eine ungenügende Rolle - jetzt verwende ich die wohlwollenden Worte des OECD-Berichtes - spielen, ist jedenfalls in dieser Form objektivierbar. Ich sage Ihnen: Sie spielen überhaupt keine lenkende und daher sinnhafte Rolle, sondern wenn, dann werden diese Überlegungen immer nur zu einer Budgetstopfaktion herangezogen - und zu nichts anderem.

Die ungleiche Verteilung der Steuerlast im Rahmen der Einkommensteuer - ebenfalls Schlußfolgerungen, die Sie nicht in oppositionellen Papieren nachlesen müssen, sondern im OECD-Bericht schwarz auf weiß präsentiert bekommen.

Die OECD zieht auch - und ich beziehe mich nicht nur deshalb darauf, weil ich glaube, daß das Argument damit ein anderes Gewicht bekommt, sondern auch, weil ich diese Einschätzung teile - den richtigen Schluß daraus, daß die zu hoch empfundene Besteuerung des Arbeitseinkommens sich negativ auswirkt auf Anreize und, das sei der SPÖ ins Stammbuch geschrieben, auf die soziale Gerechtigkeit - man kann von einer sozialen Gerechtigkeit in diesem Zusammenhang wirklich nicht sprechen -, und das bei einer Analyse des fiskalischen Gewinnes aus der kalten Progression, sage ich jetzt einmal, der letzten Jahre, der mit 15 Milliarden Schilling beziffert wird.

Wenn man die Zahlen ungefähr aufschlüsselt: Seit der letzten Steuerreform, die 1989, wie man weiß, stattgefunden hat, ist das Lohnsteueraufkommen - gratuliere, Herr Finanzminister!; er ist nicht da - um 125 Prozent gestiegen. Wenn Sie sich den Voranschlag 1999 anschauen: Bis 1987 waren es 108 Prozent. In der gleichen Zeit sind die Löhne und Gehälter allerdings nur um 54 Prozent gestiegen, und das, obwohl man weiß, daß wir mehr Beschäftigte haben, sich daher diese Löhne und Gehälter auf mehr Köpfe aufteilen und diese 54 Prozent daher auch eine sehr verzerrte Zahl sind, was den einzelnen betrifft.

Die Steuerstufen sind seit zehn Jahren nicht mehr angepaßt worden. Das heißt, der Effekt dieser kalten Progression und der Sparpakete bedeutet, daß die Steuern doppelt so rasch gestiegen sind wie Löhne und Gehälter.

Das ist eine Bilanz, die für niemanden zufriedenstellend sein kann, da können Sie beschönigen, soviel Sie wollen. Die Steuerzahler zahlen um 147 Milliarden Schilling mehr an Steuern und Abgaben als vor drei Jahren. Das muß man sich einmal vorstellen! Das bedeutet, daß ungefähr 25 000 S pro Jahr mehr auf den einzelnen, auf die einzelne entfallen.

Das, Herr Bundeskanzler Klima, ist genau das Gegenteil von dem, was Sie versprochen haben. Sie haben versprochen, daß die Steuer- und Abgabenquote - ich gebe schon zu, Sie haben das Wort "tendenziell" verwendet, und zwar zu Recht - wenigstens tendenziell sinken muß. Das Gegenteil passiert! Und wenn in diesen Wochen das Budget 1999 beschlossen wird, dann haben Sie überhaupt keine Chance mehr, Ihr Versprechen auch nur im geringsten wahrzumachen.

Ich gebe schon zu, Sie haben nicht jenen Vertrag geschlossen, den der Parteiobmann Haider jetzt allen seinen Funktionären verpassen wird, Sie werden daher nicht zu einer Pönale aus Ihrem Gehalt herangezogen werden, und das würde ich auch gar nicht wollen in diesem Fall, Herr Bundeskanzler, aber ich hoffe, daß die Pönale zu bezahlen ist in Form von Wählerinnen- und Wählerstimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie haben aber auch Ihre anderen Versprechen nicht gehalten, nämlich all jene, die reformatorischen Ansatz jedenfalls in der Wortwahl gezeigt haben. Ob das die Gewerbeordnung war, ob das die Exportoffensive war, die angekündigt wurde, ob das die Technologieoffensive war, die


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