Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 26

diesen Fragen betrifft. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Meine Hoffnungen richten sich deshalb auch auf die Zukunft. Setzen Sie diesen Weg gemeinsam mit jenen fort, die sich schon jahrelang mit dem so schwierigen Kapitel der Vergangenheitsbewältigung auseinandersetzen!

Jetzt tue ich ja gerade so, als müßte man das nicht noch einmal wiederholen. Dennoch tue ich dies dezidiert wie Herr Präsident Fischer, dem wir unter anderem ein ganz wesentliches Kapitel in dieser Art und Weise der Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit zu verdanken haben, nämlich im Zusammenhang mit dem Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus. Er tut dies, und er tut dies mit einer Beständigkeit und Beharrlichkeit, denen meine große Wertschätzung gilt. Ich habe den Eindruck, Herr Bundeskanzler, daß Sie ähnlich handeln - nicht zuletzt aufgrund Ihrer Rede am Sonntag bei der Gedenkfeier in Mauthausen. Dennoch bleibt da noch vieles zu tun.

Wiederum ist es das Geld, das eine wesentliche Rolle spielt. Es geht um die Zukunft des Nationalfonds, aber nicht primär um die Frage, wieviel aus den Mitteln des Nationalfonds an Individualzahlungen an Opfer des Nationalsozialismus zu leisten ist, sondern es geht für mich auch um die Frage, welchen Stellenwert die Republik der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in Hinkunft einzuräumen gedenkt, und wie jenen einfachen Menschen, die nicht bestinformiert und sachkundig durch Organisationen vertreten sind, die ihre Anliegen schon jahrelang wahrnehmen, zu helfen ist. Damit meine ich, daß den "einfachen" - unter Anführungszeichen - Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen alle nur möglichen Hilfen zur Verfügung zu stellen sind. Da hat es in der Vergangenheit bereits sehr positive Ansätze gegeben.

Ein weiteres Stichwort: Einladung. - Eine solche hat Bundeskanzler Vranitzky für Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen ausgesprochen und sie ins Bundeskanzleramt zu einer Jause eingeladen. So banal es klingt: Das sind Gesten, die bei diesen Menschen einen tiefen Eindruck hinterlassen haben. Mein Wunsch wäre es - und ich würde das sehr anregen -, daß man diese Dinge institutionalisiert und es nicht lediglich auf der Ebene von "Privatinitiativen" - privat jetzt unter Anführungszeichen - beläßt, wie jener Dr. Zelmans und des Jewish Welcome Service. Das ist nicht staatlich. Das ist sozusagen eine Initiative eines großen Reisebüros, die auch von der Gemeinde Wien unterstützt wird. Aber Dr. Zelman ist nicht ein offizieller Vertreter Österreichs. Ich würde mir wünschen, daß wir eine ähnliche Initiative in einem institutionellen Rahmen verwirklichen. Denn hier bleibt noch vieles zu tun, und die Zeit drängt wie kaum in einem anderen Bereich.

Die Menschen, die Opfer waren und immer noch sind, werden immer älter und werden eines Tages sterben. Ihre Nachkommen haben auch wenig Möglichkeiten, wenn der direkte Kontakt zur Heimat ihrer Eltern und Großeltern nicht mehr besteht, sich zu artikulieren. Das ist jetzt nur ein ganz kleiner Gedankenanstoß. Wir haben dies im Kuratorium des Nationalfonds bereits angesprochen, Ihr Mitarbeiter war auch dort. Er hat Ihnen sicherlich davon berichtet. Mir liegt dieses Thema persönlich sehr am Herzen, weil ich mich schon viele Jahre damit beschäftige. Es hat auch budgetäre Auswirkungen. Deshalb möchte ich es dezidiert erwähnt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch Herrn Präsidenten Dr. Fischer für die wirklich würdevolle Gestaltung des ersten Gedenktages meinen Dank aussprechen.

Im Herbst haben wir anläßlich der Debatte über das Budgetkapitel Oberste Organe mit einer Entschließung diesen Gedenktag beschlossen. Ich glaube - und das ist ja eindeutig herausgekommen -, daß dies nicht nur eine gute Idee von Einzelpersonen war, sondern daß dieser Beschluß wirklich eine politische Notwendigkeit und ein Akt, der international Beachtung gefunden hat, gewesen ist, wiewohl man sagen muß, daß er viele Jahre zu spät erfolgte. Aber es ist nie zu spät, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, denn es gibt noch immer die Gefahr. Es gibt neue Formen des Antisemitismus, des Rassismus, der Intoleranz in unserer Republik, deren Gefährlichkeit eine Dimension angenommen hat, die viele - so habe ich den Eindruck - nicht verstehen.


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