Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 30

das schon aus dem Eifer der Opposition, ich verstehe das politisch. Ich meine, daß aufgrund der Tatsache, daß sich die FPÖ selbst politisch demoliert, das Liberale Forum wieder bestimmte Segmente findet. Aber daß bei diesem großen AVG-Werk von Verwaltungsreform keine Rede sein kann, kann auch von politischer Seite nicht behauptet werden, denn, meine Damen und Herren, die Verwaltungsverfahren werden vereinfacht, beschleunigt, verbilligt.

So zum Beispiel werden Großverfahren mit mehr als 100 Beteiligten reformiert. Und trotzdem wird der Rechtsschutz beachtet. Es können auch die neuen technischen Möglichkeiten wie E-Mail offensiv im Verwaltungsverfahrensablauf genützt werden. Es werden auch Maßnahmen zur Verfahrenskonzentration und Maßnahmen zur verbesserten Verfahrensplanung, für kompaktere Abläufe gesetzt. Und was besonders wichtig und nach meiner Einschätzung vielleicht das entscheidende Element ist, es handelt sich um eine entscheidende Trendwende im Verwaltungsverfahren überhaupt, nämlich um eine neue Gestaltung im Verhältnis Behörde - Bürger, Behörde - Parteien, Behörde - Betroffene, Behörde - Antragsteller, Behörde - Anrainer, Behörde - Nachbarn.

Meine Damen und Herren! Das neue Verhältnis ist fair, setzt aber trotzdem Grenzen. Die Behörde sagt: Jetzt ist umfassend beraten, gehört, beteiligt, genug diskutiert und begutachtet worden, und jetzt fällt die Entscheidung. Die Grünen haben ein besonderes Sensorium, was Bürger- und Anrainerrechte betrifft, und das ist gut so. Und es ist durchaus ein Zertifikat für diese Novelle, daß auch die Grünen dieser Novelle zustimmen.

Kurz noch zur Genesis. Es ist ein parlamentarisches Werk. Natürlich war es eine heftige Übertreibung, wenn Kollege Kopf mit Hurra-Rufen am Dienstag gefeiert worden ist. Der Ausgangspunkt ist tatsächlich ein Initiativantrag von Kopf und Kollegen, eigentlich Kopf und Wirtschaftskammer, muß man sagen, denn der ursprüngliche Antrag hat allein Vorteile für Unternehmungen gebracht, aber eine massive Beeinträchtigung der Bürger. Der SPÖ-Entwurf hat dann, meine Damen und Herren, die Dinge ins richtige Lot gebracht, und schließlich ist es zur Gemeinsamkeit gekommen: zur Gemeinsamkeit von Wissenschaft, Ministerialbeamten, Mandataren und Klubbediensteten. Und all diesen sind Dank und Anerkennung anzusprechen. Und ohne zu viel Pathos zu versprühen, möchte ich sagen: Für die österreichischen Verwaltungsverfahren beginnt eine neue Zeit.

Meine Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluß. Auch ein Mitarbeiter des FPÖ-Klubs hat sich vorbildlich eingebracht, hat Können und Wissen zur Verfügung und unter Beweis gestellt. Dazu muß man gratulieren. Ich wünsche diesem FPÖ-Mitarbeiter, daß er nicht unter Androhung einer Existenzgefährdung an diesen schmierigen Knebelungsverträgen politischer Mandatare mitarbeiten muß, die Dr. Haider plant, und daß dieser fähige Mitarbeiter nicht mitarbeiten muß an diesen Entmündigungsurkunden für sogenannte freiheitliche Politiker. Ich wünsche mir, daß dieser Mitarbeiter nicht mitarbeiten muß an diesen verfassungsrechtlichen, strafrechtlichen, geschäftsordnungsmäßigen Verstößen. Ich wünsche mir, daß dieser Mitarbeiter nicht mitarbeiten muß an diesem politischen und moralischen Tiefpunkt jüngster österreichischer Parlamentsgeschichte. Letztendlich, meine Damen und Herren, wünsche ich mir, daß dieser Mitarbeiter nicht mitarbeiten muß am totalitären Machtanspruch eines offensichtlich größenwahnsinnig gewordenen Parteidiktators. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Aumayr: Was soll denn das, Herr Präsident? Ist es erlaubt, zu sagen "größenwahnsinnig gewordener Parteidiktator"? Gibt es keinen Ordnungsruf, Herr Präsident?)

12.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. - Bitte, Herr Abgeordneter.

12.38Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir haben also gesehen, wie in diesem Parlament mit zweierlei Maß gemessen wird, und ich "bedanke" mich beim Herrn Präsidenten für seine "faire" Vorsitzführung. (Beifall bei den Freiheitlichen. - Abg. Ing. Reichhold: Bravo, wir können "stolz" sein darauf!)


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