Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 72

15.21Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich feststellen, daß meine Vertretungstätigkeit für den Herrn Bundeskanzler auf der Verfassung beruht und genau geregelt ist und keine der Tätigkeiten, die Sie von mir fordern, darin erwähnt ist. In Ausübung dieses Amtes weiß ich sehr wohl, wie ich meine Tätigkeit zu gestalten habe. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine, die Art und Weise, wie hier Politik gemacht wird, nämlich nach dem Motto: Man nehme einige prominente Namen, bringe sie unter dem Deckmantel der Immunität mit der organisierten Kriminalität in Verbindung und hoffe, daß dann schon etwas hängenbleiben wird!, ist grundsätzlich abzulehnen, und ich finde es beschämend, daß sie gemacht wird! (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Mag. Stadler - das Buch "Die roten Bosse" in die Höhe haltend -: Dieses Buch ist doch nicht immun?)

Nur davon auszugehen, daß schon etwas übrigbleiben wird, ist zuwenig. So sollte Politik in diesem Staat nicht gemacht werden, sondern die Politik, die in diesem Staat gemacht wird, sollte auf Seriosität beruhen und nicht auf irgendwelchen Anschuldigungen, die durch nichts zu beweisen sind. (Beifall bei der SPÖ. - Ruf bei den Freiheitlichen: Sie sollten den Antrag beantworten!)

In meiner Stellungnahme zum Dringlichen Antrag des Abgeordneten Stadler und Kollegen möchte ich mit einem Zitat aus der Antragsbegründung beginnen - ich zitiere -:

"Es bedarf keines Nachweises, daß es für Österreich wichtig ist, die wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Kontakte auch mit den osteuropäischen Reformstaaten und den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zu fördern und auszubauen."

Dieser Satz ist bemerkenswert, weil die darin zum Ausdruck gebrachte Einschätzung richtig ist und auch mit der Einschätzung der Bundesregierung übereinstimmt. Der Satz ist aber auch deshalb bemerkenswert, weil der Rest der Antragsbegründung so wenig dazupaßt, da er sich in den üblichen Unterstellungen und Spekulationen erschöpft.

Dies ist insofern bedauerlich, als es sich bei der Kriminalität, vor allem der organisierten Kriminalität, um ein ernstzunehmendes Problem handelt. Die Bundesregierung hat den Kampf dagegen auf nationaler und internationaler Ebene längst aufgenommen; ich werde darauf noch näher eingehen. Zuvor möchte ich aber nochmals sagen, daß ich die Unterstellungen, nämlich, daß es, wie es in Ihrem Antrag wörtlich heißt, zu einer Vielzahl von Kontakten von Koalitionspolitikern mit Personen aus dem Milieu der Russenmafia gekommen ist, auf das schärfste zurückweise! (Beifall bei der SPÖ.)

Insbesondere die Art und Weise, wie hier versucht wird, Herrn Altbundeskanzler Dr. Franz Vranitzky durch unbegründbare Beschuldigungen und Unterstellungen anzuschwärzen, ist völlig inakzeptabel und macht offensichtlich, daß den Antragstellern jedes Mittel recht ist, um von eigenen Problemen abzulenken. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Zur organisierten Kriminalität: Den Kriminalitätsanalysen vieler westeuropäischer Staaten sind wenig erfreuliche Zukunftsprognosen hinsichtlich der Entwicklung des organisierten Verbrechens zu entnehmen. Die organisierte Kriminalität wird immer mehr zu einer Bedrohung der Gesellschaft.

Kriminelle Verhaltensweisen sind nicht mehr nur einzelnen Personen, sondern immer mehr ganzen Organisationen zuzuschreiben und werden in zunehmendem Maße grenzüberschreitend organisiert. Kriminelle Akteure profitieren ferner vom freien Waren-, Kapital-, Dienstleistungs- und Personenverkehr. Technologische Innovationen erweisen sich verstärkt als äußerst praktische Möglichkeiten zur Begehung von Straftaten.

In vielen Bereichen des organisierten Verbrechens kann Österreich nicht mehr als abgeschlossener Raum betrachtet werden. Die zunehmende Internationalisierung der Tätergruppierungen


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