Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 102

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praktisch dreimal soviel Leistung bringen wie Mochovce, ebenfalls um eine Summe von 9 Milliarden Schilling. Bitte: Die wären tatsächlich sicher! Das ist eine zukunftsträchtige Technologie, das ist nachhaltige Energieversorgung.

Eine solche Rechnung aber haben Sie nicht angestellt, und darum müssen wir hier und heute noch einmal diesen verfehlten Weg der österreichischen Atompolitik deutlich anprangern. Das wäre 1994/1995 der Punkt gewesen. (Beifall bei den Grünen.)

Was kam dann? – Die verbindlichen Ausstiegsszenarien im Zuge der Verhandlungen über die Erweiterung der EU. In diesem Zusammenhang gab es im November 1997 ein sogenanntes Atompaket mit den NGOs in Österreich, und in diesem Atompaket haben Sie erklärt, haben Sie mehr oder weniger paktartig unterzeichnet, daß es verbindliche Ausstiegsszenarien geben muß für die Beitrittsländer, für die Erweiterung der EU.

Genau diesen Kurs unterfahren Sie jetzt. Diesen Kurs haben Sie verlassen, indem Sie sich auf diese Sicherheitsdiskussion eingelassen haben. Nicht mehr der Ausstieg, sondern der sogenannte realistische Kurs ist bei Ihnen jetzt großgeschrieben. Dieser "realistische Kurs" hat als Aushängeschild, als Flagge die Sicherheit, und die Sicherheit führt uns ins Dilemma, weil sich die Diskussion um die Sicherheitsstandards immer unter Gutachtern abspielt, die teilweise unterschiedlicher Meinung sind.

Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht. Es ist ja nicht so, daß Sie von heute auf morgen vor den Ruinen Ihrer Atompolitik stehen. Wir haben Sie immer wieder ermahnt und auch immer wieder konstruktive Vorschläge gemacht, und wir haben Sie auch in der Sondersitzung des Nationalrates vom 13. März wieder darauf aufmerksam gemacht, daß Sie in Sachen Mochovce, in Sachen Bohunice Feuer am Dach haben, daß die Inbetriebnahme bevorsteht.

Und wann sind dann von Ihnen hektische diplomatische Aktivitäten in Gang gesetzt worden? – Ende April, als Me#iar den zugesicherten zweiten "Walkdown" nicht mehr haben wollte. Da haben Sie dann alle Hebel in Bewegung zu setzen versucht, aber, wie schon gesagt, leider das falsche Pferd in die falsche Richtung weitergaloppieren lassen.

Wir haben dann diesen zweiten "Walkdown", der am 5. Mai stattfand, mehr oder weniger schon als vergebliche Liebesmühe betrachtet, und es hat sich herausgestellt, daß die Experten vor allem seitens der slowakischen Betreibergesellschaft nicht ernstgenommen werden und daß ihnen manches vorenthalten wird. Und jetzt stehen Sie wieder mit dem Rücken zur Wand, und aus dieser Position möchten wir Sie auch mit konstruktiven Vorschlägen in eine neue Verhandlungsrunde schicken. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Was ist möglich? Schauen Sie nach Oberösterreich: Dort gibt es einen Anti-Temelin-Beauftragten, dort gibt es Lobbying vor Ort, wo Tschechen in Prag selber Informationsarbeit leisten. Sie hätten schon längst in Bratislava, in Mochove selber Informationsarbeit bei der dortigen Bevölkerung leisten müssen, damit die Menschen dort den Atompolitikern nicht auf den Leim gehen.

Was ist noch notwendig? Welche Möglichkeiten haben Sie noch? Herr Bundeskanzler, natürlich haben wir Sie durch die Dringliche veranlaßt, unter uns zu weilen, aber an sich sollten Sie schon längst durch eine atomare Pendelmission auffallen, sollten Sie schon längst zwischen Wien – London, Wien – Paris, Wien – Luxemburg hin und herfliegen und danach trachten, auf EU-Ebene durch internationalen Druck noch Vernunft einziehen zu lassen in der Slowakei, in Mochove. Das machen Sie aber nicht. Sie schicken Depeschen, der Herr Außenminister schickt Eilbriefe, und Sie vertrauen darauf, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): ... daß Me#iar sich nicht der Vernunft verschließt. Ich habe diese Hoffnung nicht. Ihnen bleibt wahrscheinlich nur die Möglichkeit, die österreichische Atompolitik mit Kaliumjodidtabletten dann endgültig zu entsorgen. (Beifall bei den Grünen.)

15.23


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