Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 26

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kommen zu uns, um sich anzuschauen, wie das funktioniert. Ich hoffe, daß das auch Schule machen wird, denn nur so ist der gestiegene Arbeitsaufwand tatsächlich zu schaffen.

Wir sind eines der größten Bürgerserviceministerien. Ich bin nicht sicher, ob wirklich alle Leute wissen – die österreichischen Steuerzahler sollten das wissen –, daß wir mit einem ganz kleinen Mitarbeiterstab – 800 Menschen im Ausland – eine Million Bürgerkontakte im Dienst der Österreicher oder im Dienst von Bürgern, die nach Österreich kommen oder Geschäfte mit Österreichern machen wollen, zu erbringen haben. Eine Million – das ist eine unglaubliche Dichte von Kontakten!

Ich möchte hier schon eines sehr ernst dazu sagen: Ich habe Jörg Haider gut zugehört, und ich möchte an dieser Stelle ruhig und ohne Emotion die Verdächtigung zurückweisen, daß die Mitarbeiter, ganz gleich, ob sie Österreicher sind oder sur place arbeiten, quasi von jedem bestochen werden könnten – von Mafiosi oder von wem auch immer –, um leichter zu einem Visum zu kommen. Das ist einfach nicht wahr. Die Mitarbeiter im In- und Ausland leisten nach bestem Wissen und Gewissen hervorragende Arbeit, und ich möchte diese Beschuldigung wirklich mit Entschiedenheit zurückweisen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

Das Außenministerium ist ein Ministerium – das sei auch erwähnt –, das sehr wenig Öffentlichkeitsarbeit betreibt – eben weil es ein sehr kleines Budget hat. Frau Abgeordnete Kammerlander, man kann und mag mir durchaus kritisch gegenüberstehen – inhaltlich oder politisch, wie immer –, aber die Behauptung, daß wir in den letzten Jahren sehr viel für Propaganda ausgegeben hätten, stimmt einfach nicht. Sie können auch jederzeit eine Anfrage an mich richten, die ich Ihnen gerne auf Punkt und Beistrich beantworten werde. Wir geben eher viel, viel zu wenig aus, um eine ausreichende Information geben zu können.

Da Sie, Frau Abgeordnete, das NATO-Thema angesprochen haben, möchte ich auch ein offenes Wort dazu sagen: Man sollte ein bißchen gelassener eine vernünftige und sachliche öffentliche Diskussion betreiben, und wir sollten doch speziell als Österreicher, die offen sein sollen, jede Berührungsangst vermeiden. Was ist denn bitte dabei, wenn ein NATO-Workshop, ein Seminar mit höchstrangiger Beteiligung – es werden Minister, Militärs, Staatschefs und Präsidenten kommen – in Österreich stattfindet, bei dem darüber diskutiert wird, wie etwa am Beginn des 21. Jahrhunderts eine moderne Sicherheitspolitik aussehen kann? Das ist doch gut! Genauso freue ich mich, daß auf der Burg Schlaining Friedensbewegte aus aller Welt zusammenkommen und dort darüber nachdenken, wie an der Schwelle des nächsten Millenniums eine vernünftige Konfliktprävention ausschauen kann. Es ist doch nichts dabei, wenn Parlamentarier sich vor Ort informieren, wie die neue Politik der neuen NATO ist. Ich würde sagen, daß sich diese Aktivitäten natürlich auf dem Boden unserer Verfassung bewegen.

Ein Botschafter wird wohl noch Artikel schreiben dürfen. Frau Abgeordnete, ich werde der erste sein, der sein Recht auf freie Rede und auf einen freien Artikel verteidigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sagen Ihnen als Politiker auch ganz offen: Ich habe deswegen heute meine Schwierigkeiten mit dem Begriff "Neutralität", weil ich glaube, daß der Begriff "neutral" in unserer Zeit nicht mehr so recht paßt. Ich sage Ihnen auch, warum. In Bosnien hilft das Konzept der Neutralität nichts. Heute war zum Beispiel der Präsident des Kosovo, Rugova, mit seinen Beratern bei mir. All das, was Sie, Frau Abgeordnete, hier zu Recht eingemahnt haben, findet ja täglich in der österreichischen Außenpolitik statt: Kontakte mit der Türkei und mit den Kroaten, Druckausübung zur Ermöglichung der Flüchtlingsrückkehr, Erleichterung des Lebens der Kosovo-Albaner, sinnvolle Unterstützungshilfe oder Gespräche mit Miloševi%, um ihn dazu zu bewegen, den Friedensprozeß und die Stabilität der Region einzuleiten – ich werde aus diesem Grund vielleicht nächste Woche nach Belgrad fahren.

Nur eines sage ich Ihnen auch ganz offen dazu: Neutralität ist in diesem Zusammenhang der falsche Begriff. Solidarität ist da gefragt (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ) : Solidarität mit den Opfern, mit den Menschen, Solidarität mit den Menschenrechten, Solidarität


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