Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 27

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mit Minderheiten oder mit Menschen, die wegen ihrer religiösen oder sonstigen Überzeugung Schwierigkeiten haben. – Das ist der Punkt!

Ich möchte auch an dieser Stelle sehr offen und gar nicht diplomatisch meine Meinung zu dieser heutigen NATO äußern. Sie haben ja auch die Budgetzahlen, glaube ich, nicht korrekt gegenübergestellt. Wenn Sie schon sagen, daß das Außenministerium ein Budget von 4 Milliarden und das Verteidigungsministerium eines von 21 Milliarden Schilling hat, dann müssen Sie aber auch dazusagen, daß aus dem Budget des Verteidigungsministers die österreichische Friedenssicherung in Bosnien bezahlt wird. Wenn Sie von 500 Millionen oder 800 Millionen Schilling Mitgliedsbeitrag für eine internationale Organisation reden, dann sollten Sie auch hinzufügen, daß die gesamte Operation in Bosnien, die seit über zwei Jahren läuft, bis zur Stunde fast 10 Milliarden Dollar gekostet hat. Es geht nicht darum, dort Kriegsspiele durchzuführen, sondern die Operation war eine letzte Notbremse, um einen blutigen Krieg, der gegen die dortigen Völker gerichtet war, zum Stehen zu bringen. Das sind die Dinge, die man, glaube ich, in einer außenpolitischen Grundsatzdebatte im Rahmen einer Budgetdiskussion sagen soll und die auch wichtig sind, in der österreichischen Öffentlichkeit gesagt zu werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wurde auch die EU-Präsidentschaft als das kommende große Thema für uns erwähnt. Ich sage Ihnen ganz offen, daß das für uns tatsächlich eine große Herausforderung und eine der spannendsten Aufgaben, die das kleine Österreich in den letzten Jahren und Jahrzehnten gehabt und übernommen hat, ist. Ich glaube weiters, daß wir gut vorbereitet sind.

Ich möchte doch ein wenig die Dimension darstellen, die ich selber erlebt habe. Ich bin im April 1989 als Bundesminister angelobt worden. Ich war vorher zehn Jahre lang Abgeordneter zum Nationalrat. Im April 1989 – und das soll ein bißchen die Dramatik der Veränderung darstellen – hatten wir unseren Beitrittsantrag nach Brüssel noch nicht abgeschickt. Es gab damals einige Diskussionen darüber, ob man soll, wann man soll et cetera. Dagegen die Situation heute: In 35 Tagen übernehmen wir den Vorsitz der Europäischen Union. Wir haben uns voll eingeklinkt – die EU-Präsidentschaft, das Projekt Europa ist heute ein gemeinsames Projekt, und es ist weit über die Grenzen der politischen Parteien anerkannt und unterstützt. Natürlich gibt es auch Fragezeichen, Risken, Vorbehalte – das verstehe ich alles. Aber es ist eine unglaubliche Dramatik der Veränderung, die sich hier darstellt.

Als ich angelobt wurde, gab es noch die tote Grenze. Ich war übrigens einige Jahre lang Abgeordneter im Waldviertel und habe anhand eigener Beobachtungen genau erlebt, was das heißt: Alle blühenden Wirtschaftsströme, sozusagen die Arterien in Richtung Waldviertel und Tschechien, waren gekappt. "Tote Grenze" hat geheißen, daß man nicht frei hinübergehen, daß man nicht Handel treiben konnte. – Heute – das sei in Richtung all jener gesagt, die der Erweiterungsdiskussion prinzipiell ängstlich gegenüberstehen, Sorgen muß man zwar ernst nehmen, aber die prinzipielle Ablehnung verstehe ich nicht – haben wir 15 000 Joint-ventures von österreichischen Betrieben jenseits der Grenze, und diese sichern natürlich durch die Kombination – auch das wird ja vergessen, notabene auch bei Prinzhorn – auch Arbeitsplätze in Österreich. (Abg. Dr. Krüger: Heute gibt es keine Joint-ventures mehr, heute gehen sie gleich hinaus!)

Kammerpräsident Leo Maderthaner weiß es natürlich ganz genau. Damals hatten wir keinen Handelsbilanzüberschuß mit Mittel- und Osteuropa. In diesen neun Jahren seit 1989 hat sich, mehr als in jedem anderen Land Europas, der Handelsanteil verdreifacht. Heute haben wir einen Handelsbilanzüberschuß von 20 Milliarden Schilling. Daher glaube ich, daß man zwar Sorgen ernst nehmen, aber nicht prinzipiell ablehnend an die Sache herangehen sollte. Wir sollten uns vielmehr überlegen, wie wir gemeinsam mit den anderen Ländern Mitteleuropas diese Erweiterung zu einem beidseitigen Erfolg machen können. Ich sage Ihnen, daß das genauso möglich ist, wie die sehr schwierige Erweiterung mit Spanien und Griechenland, die zum Nutzen der Spanier und Griechen, aber auch zum Nutzen der damaligen und heutigen Europäischen Union gelaufen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe das vor neun Jahren, als die Minengürtel, die Maschinengewehrnester, die Stacheldrahtverhaue noch voll intakt gewesen sind, erlebt. Alois Mock hat damals mit Gyula Horn, dem


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