Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 29

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macht, dann ist er jeden Schilling seines Gehalts wert. Hören wir doch auf, diese Art von geistigem Pepita in die öffentliche politische Diskussion hineinzubringen! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

Alle werden profitieren, ich sage Ihnen das, und gerade die Region Kärnten wird von solchen grenzüberschreitenden Spielen wie keine andere Region Europas profitieren. Ich sage das deswegen, weil wir alle oft unter Verdacht stehen, daß wir aus irgendwelchen parteipolitischen Gründen einander keinen Erfolg gönnen, Haxel stellen und so weiter. Ein bißchen mehr Mut – das sage ich jetzt am Beginn der österreichischen EU-Präsidentschaft – zur eigenen Größe und auch mehr Vertrauen in die eigene Stärke wären mir wichtig und könnten vielleicht auch außer Streit gestellt werden. (Abg. Dr. Gredler: Jö! – Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die EU-Präsidentschaft, über die wir sicher noch viel reden werden, hat meiner Ansicht nach auch den Sinn – und der ist wichtig –, daß wir unsere Prioritäten ordnen und bündeln. Wir müssen zeigen, daß wir das können, daß wir zu so etwas fähig sind: zu einer nüchternen, professionellen und absolut engagierten Vorsitzführung innerhalb der Europäischen Union. Und gerade weil wir Österreicher sehr lange am Rande der Institutionen Europas gestanden sind – als ein Land außerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, später Gemeinschaft, heute Union –, werden wir während der Präsidentschaft derselben darauf achten, daß wir Europa nicht zu einer geschlossenen Festung machen, wo einfach die Zugbrücken hochgeklappt werden, niemand mehr reinkommt und uns das, was draußen ist, nicht interessiert. Das kann nicht so sein und funktionieren.

Gerade weil Österreich ein kleines Land ist, wissen wir, daß wir, wenn Europa einen Global Player will – und die Welt braucht so einen Global Player, nicht nur die Amerikaner; nichts gegen sie, aber ich glaube, daß Europa wichtige Sätze und Ideen zusätzlich einbringen kann –, auch den Mut haben müssen, uns zu stellen. Gerade weil wir Österreicher ein großes Bedürfnis an Sicherheit haben, müssen wir bereit sein, Stabilität zu exportieren, damit wir nicht irgendwann ungewollt Instabilität importieren.

Gerade wir Österreicher haben erfahren, wie wenig Solidarität in der Staatengemeinschaft vorhanden ist. Ich erinnere an das Jahr 1938. Damals hat unser Land wenig Solidarität erfahren, einzig und allein von den Mexikanern. Dafür möchte ich ihnen noch heute danken. Später hat unser Land Solidarität erfahren, nämlich durch die Marshallplan-Hilfe – ein großes Geschenk des amerikanischen Volkes. Gerade deswegen müssen wir in der Zeit unserer EU-Präsidentschaft für die Solidarität Europas kämpfen. Und wir müssen auch bereit sein, selber Solidarität zu leben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Diese Solidarität ist in allen Regionen der Welt erforderlich. Im Rahmen dessen wird man sich für Tibet interessieren müssen – da hat Frau Abgeordnete Gredler hundertprozentig recht –, man wird sich um die Lage des palästinensischen Volkes genauso kümmern müssen wie darum, daß die Sicherheitsbedürfnisse des israelischen Volkes nicht vernachlässigt werden.

Man wird sich um die Frage der Kurden kümmern, man wird die Frage der Menschenrechte in Algerien oder in anderen Staaten des Maghreb ansprechen und sich um die Minenopfer kümmern. Man wird sich der verfolgten Christen genauso annehmen wie der Moslems oder Anhänger anderer Religionen, die wegen ihrer Überzeugung Verfolgung erleiden. – Dies sollte während der österreichischen Präsidentschaft nicht zu kurz kommen.

In diesem Sinne – ich komme schon zum Schluß – wäre es mir wichtig, daß man ein ohnehin kleines Budgetkapitel, ein Teilkapitel, nämlich die Entwicklungszusammenarbeit, außer Streit stellt. Ich halte es für beschämend, darüber zu rätseln, ob Steuergelder – es sind ohnedies nicht zu viele – nun in Uganda oder in Bosnien, in Afghanistan, in Nepal oder in Bhutan eingesetzt werden. Wir haben selbst Hilfe erfahren, und es ist wichtig, daß auch wir helfen. Die Österreicher verstehen das manchmal besser als so manche ihrer Repräsentanten in der Politik. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

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