Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 101

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Ein ganz gravierendes Indiz dafür, daß auch die Beamtenschaft mit der grundsätzlichen Verteilung der Mittel zufrieden ist, beweist eine Umfrage des Finanzministeriums, wonach Beamte in Bezirksgerichten zu 80 Prozent "zufrieden" oder "sehr zufrieden" sind. Es ist nicht selbstverständlich, daß Mitarbeiter in so hohem Maße mit ihrem Arbeitsplatz grundsätzlich zufrieden sind.

Erfreulich war auch, daß in der Ausschußdebatte dieses Mal jede Fraktion das Thema "Opferschutz" angesprochen hat. Ich glaube, damit zeigt sich ein Wandel in der Justizpolitik: Opferschutz ist nunmehr allen Gruppierungen im Hohen Haus inzwischen ein wirkliches Anliegen geworden. (Abg. Dr. Graf: Nur passiert nichts!) Es passiert sehr wohl etwas, Herr Dr. Graf. (Abg. Dr. Graf: Was denn?)

Ich möchte mich beim Justizminister und bei der Rechtsanwaltskammer für die gemeinsame Initiative zur unentgeltlichen und vertraulichen Opferberatung in den Bezirksgerichten bedanken. Diese verbesserte Informationsschiene wurde neu eingerichtet, damit die Opfer auf einem fachlich hervorragenden und vor allem auch örtlich bestens angesiedelten Weg Informationen über ihre Rechte und Möglichkeiten bekommen. Es ist dies ein erster großer Schritt.

Lassen Sie mich aber auch in Erinnerung rufen, daß die Entschädigung von Straftatsopfern meiner Ansicht nach nicht ausreichend gesetzlich geregelt ist. Wir haben das Verbrechensopfergesetz, welches für Körperverletzungen, die vorsätzlich begangen wurden, subsidiär Entschädigung bietet, wenn nach dem ASVG kein Leistungsanspruch besteht. Wir haben den § 373a Strafprozeßordnung, in welchem der Vorschuß des Bundes für Entschädigungszahlungen im Falle eines Privatbeteiligtenzuspruchs geregelt ist.

Herr Minister! Beide Bestimmungen sind nicht ausreichend. Denn es gibt nach dem VOG keinen Anspruch auf Entschädigung bei grober Fahrlässigkeit, es gibt keinen Anspruch auf ausreichende Therapie nach Sexual- oder Gewaltdelikten – insbesondere keine psychotherapeutische Behandlung –, und es gibt keinen Anspruch gemäß VOG bei gewissen Sachschäden – ich denke dabei an ein zerschlagenes Gebiß, an kaputte Brillen oder vielleicht, man könnte darüber nachdenken, an lebensnotwendigen Hausrat.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Entschließungsantrag zur Anfrage vom 26. Februar 1998 hinweisen und Sie, Herr Minister, ersuchen, diese Novelle zum VOG zügig vorzubereiten.

In jener Wochenzeitschrift, die mittwochs erscheint, wurde Herr Minister Michalek als großer mutiger Reformer gelobt. Im Konkurrenzblatt, das samstags erscheint, wurde die Justizpolitik verteufelt, weil nichts weitergehe und alle auf der Bremse stünden. Die Wahrheit liegt bei diesen zwei Blättern mit Sicherheit in der Mitte! (Abg. Dr. Graf: Also keine Reformen!) . Ich persönlich bin als Vorsitzende des Justizausschusses mit dem Reformtempo der Justizpolitik zufrieden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Große Reformen müssen breit und intensiv diskutiert werden; wir haben das beim Miet- und Insolvenzrecht, beim Lauschangriff und der Rasterfahndung, beim Gesetz gegen die Gewalt und allen anderen Gesetzen, die ich gar nicht aufzählen möchte, so gemacht.

Es ist gut, daß im Justizausschuß keine Gesetze auf Zuruf produziert werden, und in aller Regel auch keine Anlaßgesetzgebung "aus der Hüfte geschossen wird". Denn große Reformvorhaben bedürfen einer wissenschaftlich untermauerten, aber auch einer politisch zu hinterfragenden Diskussion und Vorbereitung.

Eine politische Diskussion ist besonders dann notwendig, wenn die geplanten Maßnahmen, wie etwa das neue Strafprozeßordnungsvorverfahren oder der außergerichtliche Tatausgleich, einen Paradigmenwechsel bringen. Politisch hinterfragen muß man auch, wenn sich durch die Reformen Grundprinzipien ändern, wie das zum Beispiel bezüglich des Anklagegebots beim ATA durch Ersatz in Richtung Diversion beziehungsweise überhaupt dem Entfall des Anklagegebotes der Fall ist. (Abg. Dr. Schmidt: Wann fangen Sie denn an zu hinterfragen?) Bitte? Ich habe Sie nicht verstanden. (Abg. Dr. Schmidt: Wann fangen Sie denn an zu hinterfragen, damit Sie


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