Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 109

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Herr Kollege Barmüller! Du hast völlig recht. Unser Kollege Schreiner unterzieht sich soeben der von dir angefragten Untersuchung. (Abg. Mag. Barmüller: ... du solltest nicht so undifferenziert herumreden!) Ich habe gehört, daß seitens der Anwaltskammer und seitens der steuerlichen Vertretungen der Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausgestellt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Budgetdebatte soll nicht dazu dienen, ein sehr individuelles Problem erschöpfend zu erörtern. Lassen Sie mich daher noch generell einiges zur Justizpolitik sagen: zunächst zur Argumentation der völligen Aufhebung des Verschuldensprinzips, wie es Frau Kollegin Stoisits in bezug auf das Eherecht, auf das Scheidungsrecht gefordert hat.

Ich bin ein strikter Gegner einer solchen Aufhebung, verkenne aber nicht, daß es da einen Reformbedarf gibt. Das ist überhaupt keine Frage. Frau Kollegin Stoisits! Es ist auch meiner Ansicht nach ein unhaltbarer Zustand, wenn eine Frau einem Mann oder einer Familie den Haushalt führt, die Kinder erzieht und nach 20-, 25jähriger Ehe einen Seitensprung begeht, daß dieser eine Seitensprung dann Anlaß dafür sein soll, daß sie praktisch mittellos im Leben steht und nicht einmal mehr den notwendigen Unterhalt zu bekommen hat. Für derartige Härtefälle stelle ich mir eine Aufweichung des Verschuldensprinzips in Richtung eines Versorgungsausgleiches vor. So kann es nicht sein; das ist eine Bestimmung zu Lasten der Frau, die heute nicht mehr zeitgemäß ist.

Eine vollständige Aufhebung des Verschuldensprinzips würde aber den Weg in Richtung der deutschen rechtlichen Situation ebnen, denn in Deutschland gibt es nur einen Scheidungsgrund, und dieser eine Scheidungsgrund heißt "Scheitern der Ehe". Der Unterhalt wird unbeschadet des Verschuldens zugesprochen – oder nicht zugesprochen. Meine Damen und Herren! In Deutschland geht man aber schon wieder den umgekehrten Weg, weil man darauf gekommen ist, daß dieser undifferenzierte Ausgleichsanspruch – egal, ob man in die Nähe eines Rechtsmißbrauches bei der Verfolgung der Unterhaltsansprüche kommt – vielleicht nicht der richtige Weg war. Man weicht dieses strikte Zerrüttungsprinzip wieder etwas auf und geht von neuem in Richtung Verschuldensprinzip.

Meine Meinung dazu ist, daß nur eine Vermischung von Zerrüttungs- und Verschuldensprinzip unter Bedachtnahme auf die Versorgungssituation eine gängige Lösung darstellen kann. Ich verkenne aber nicht, daß es einen Lösungs- und Problemerledigungsbedarf gibt.

Zur Frage des Opferschutzes: Dieses Thema wurde schon oft strapaziert. Dieses Wort wird vor allem von Frau Kollegin Fekter oft strapaziert. Sie brüstet sich damit, daß sie den Opferschutz auf Ihre Fahnen heftet. Das ist natürlich zuwenig. Du sagst, man sei mit der Justizpolitik zufrieden, weil du als Vorsitzende des Justizausschusses fungierst. Ich glaube, das ist ein bißchen wenig, um sich auf die Schulter klopfen zu können. Tatsächlich gibt es da einen Reformbedarf. Es ist nicht damit abgetan, wenn man mit irgendwelchen Broschüren durch das Land zieht, sondern es sollte tatsächlich legistisch etwas zugunsten des Opferschutzes getan werden, vor allem im Zusammenhang mit den unglaublichen Fällen des Kindesmißbrauches.

Wir Freiheitlichen haben das schon vor langer Zeit aufgegriffen, und gebetsmühlenartig fordern wir ständig eine Verschärfung der Strafen, ein Abgehen von der bedingten Strafnachsicht, einen Ausschluß von jeglicher Amnestie für Kinderschänder, auch unter Umständen eine lebenslange begleitende Kontrolle für Rückfallstäter, wie es etwa Tony Blair in England eingeführt hat, aber auch eine massive Erhöhung der Strafrahmen, um potentiellen nächsten Opfern Schutz zu bieten. Es ist schon richtig, wenn man sagt, das kann nicht alles sein, nur eine Erhöhung der Strafen zu fordern. Die Erhöhung der Strafen ist aber unbedingt erforderlich, wenn man bedenkt, daß die Rückfallsquote bei Kinderschändern bei über 50 Prozent liegt. Das heißt, wenn man den effizienten Opferschutz auch im Hinblick auf zukünftige potentielle Opfer tatsächlich ernst nimmt, dann wird man sich mit diesen Mechanismen, wie es Ihr Parteifreund Tony Blair in England eingeführt hat, näher befassen müssen.


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