Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 114

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hat heute keine so große Relevanz mehr, weil es immerhin einen von Experten ausgearbeiteten Entwurf gibt. Ich spreche jetzt vom zweiten Teil des Strafrechtsänderungsgesetzes 1998.

Ich hoffe, daß wir dennoch bald im Ausschuß – oder auch in anderer Form, ich weiß es nicht – Gelegenheit haben werden, über Sachfragen und auch darüber zu reden, was die ÖVP meint, wenn sie davon redet – das liest man sonst nur in Zeitungsartikeln und hört es in sonstigen Gesprächen, und insofern muß ich sagen, daß da offenbar der größte Bremsblock zu suchen ist –, daß die "guten Sitten" geschützt werden sollen. Darum geht es ihr.

Insofern ist das in der gesamten Argumentation schon immer sehr logisch und homogen gewesen, denn wenn es darum geht, gute Sitten statt die Integrität des Menschen zu schützen, dann kommt es dazu, daß man – wie das seinerzeit der Fall war – auch dagegen ist, daß die Vergewaltigung in der Ehe genauso bestraft wird wie die Vergewaltigung außerhalb der Ehe. Selbstverständlich! Denn wenn es nicht um die Integrität geht, sondern um ein bestimmtes Sittenbild, dann macht das natürlich einen gravierenden Unterschied in den Augen der ÖVP. (Abg. Mag. Kukacka: Das eine schließt das andere nicht aus!) Ich erinnere mich sehr gut daran, wie schwierig es damals war, die ÖVP zu einer anderen Argumentation zu bringen, sodaß ... (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist doch überhaupt nicht wahr! Behaupten Sie doch nicht solche Unwahrheiten!) – Sie brauchen doch nur die Protokolle nachzulesen!

Inzwischen haben wir glücklicherweise eine Strafbarkeit dieses Tatbestandes, aber es ist durchaus homogen in der gesamten Argumentation, denn daran schließt sich auch nahtlos an, wie man mit homosexuellen Menschen umgeht. (Abg. Rosemarie Bauer: Sie können es noch 20mal sagen, aber es stimmt noch immer nicht!) Dabei geht es nämlich auch nicht um Selbstbestimmung und um die Integrität des Individuums, sondern da geht es um bestimmte "sittliche" Vorstellungen, wobei ich dies immer unter Anführungszeichen setze. (Abg. Mag. Kukacka: Da geht es um Schutzmaßnahmen für Jugendliche!)

Diese Argumentationslinie paßt auch zu einem ganz anderen Thema: Wenn es um die 0,5 Promille geht, dann sind das letztlich auch "sittliche" Vorstellungen, die dem zugrunde gelegt werden. Sie sind nur ein bißchen anders, aber auch da spielt der Schutz der Integrität weniger Rolle. Das paßt eigentlich alles zusammen! Das ist das einzige, wofür man der ÖVP ein Kompliment in diesem Zusammenhang aussprechen kann. (Abg. Rosemarie Bauer: Sie hätten sich doch eine Rede schreiben sollen – und nicht nur Angriffe!)

Von den offenen Anträgen, die wir haben, möchte ich nur ganz wenige anschneiden, die gerade mit diesem Thema zusammenhängen. Es wäre durchaus möglich, ohne lange Verhandlungen, sondern in einem intensiven Argumentationaustausch einmal darüber zu reden und auch jene Abgeordneten beim Wort zu nehmen, die ansonsten in Zeitungsinterviews oder bei einschlägigen Veranstaltungen immer sagen, wofür sie gerne bereit wären.

Ich rede daher nicht vom § 209 StGB, obwohl ich es für eine Schande halte, daß wir ihn immer noch haben, von dem rede ich im Moment nicht, aber ich höre immer wieder auch aus Kreisen der ÖVP, daß diese Ungleichbehandlung, daß zum Beispiel homosexuelle Lebensgefährten kein Entschlagungsrecht vor Gericht haben, nicht gerechtfertigt sei. Ich frage mich: Was schützen Sie damit? – Schützen Sie das Vertrauensverhältnis zwischen Menschen, oder schützen Sie Ihre sittlichen Vorstellungen, wer zusammensein darf und wer nicht?

Deshalb würde ich Sie ersuchen, sich vielleicht doch einmal bereitzufinden, einen Justizausschuß einzuberufen und zum Beispiel den Antrag der Liberalen, in dem es um das Entschlagungsrecht geht, der den Wegfall des Terminus des Geschlechts vorsieht, sodaß es geschlechtsneutral ist, in Behandlung zu nehmen und darüber nachzudenken, ob das einem christlichen Menschenbild entspricht, das Sie vertreten können.

Wissen Sie, wie Menschen, die eine Operation, eine Geschlechtsumwandlung hinter sich haben, darunter leiden, welchen formalen Weg sie im Zusammenhang mit der Namensänderung gehen müssen? – Es gibt Anträge der Liberalen im Ausschuß bezüglich einer Namensänderung, um wenigstens diese Facette, die nur eine kleine ist, diesen Menschen zu erleichtern. Kein Mensch von Ihnen schert sich darum!


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