Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 121

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hohen Anteil an empfindlichen unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen wird auch deutlich, daß die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit tödlichem Ausgang im alkoholisierten Zustand keineswegs ein Kavaliersdelikt ist und von den Gerichten auch nicht so gesehen wird. Manche Medien behaupten das zwar, aber das ist nicht in Übereinstimmung mit der Rechtspraxis.

Das begrüßen wir ausdrücklich. Wir halten auch fest, daß das im Sinne einer präventiven Verkehrssicherheitspolitik auch notwendig und sinnvoll ist.

Die Aufgliederung der dargestellten Zahlen nach Oberlandesgerichtssprengeln zeigt allerdings ein sehr differenziertes Bild. Unbedingte Freiheitsstrafen wurden nämlich ausschließlich in den Oberlandesgerichtssprengeln Wien und Graz verhängt. In den Sprengeln Innsbruck ist die Zahl der verhängten unbedingten Geldstrafen höher als jene der verhängten unbedingten Freiheitsstrafe, während im Sprengel Linz nur außerordentlich wenig unbedingte Freiheitsstrafen bei fahrlässiger Tötung oder schwerer Körperverletzung unter Alkoholeinfluß verhängt werden.

Es ergibt sich somit das Bild einer deutlich strengeren Rechtsprechung in den Sprengeln Wien und Graz, einer gemäßigt strengen Rechtsprechung in Innsbruck und einer äußerst moderaten Rechtsprechung im Oberlandesgerichtssprengel Linz.

Diese doch eindeutig unterschiedliche Spruchpraxis bei schweren Verkehrsdelikten halte ich nicht für sinnvoll, Herr Minister, auch nicht für notwendig und wünschenswert. Straftäter sollen, unabhängig vom Ort der Tatbegehung, mit einer möglichst vergleichbaren Sanktionierung ihres Verhaltens zu rechnen haben – quer durch Österreich. Das scheint mir ein wichtiger rechtspolitischer Grundsatz zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich weiß, daß es aufgrund der verfassungsgesetzlichen Trennung von Justiz und Verwaltung keine direkten Einwirkungsmöglichkeiten des Justizministers auf die Spruchpraxis der Gerichte gibt – es sei denn in Form des dem Justizminister zustehenden Weisungsrechtes gegenüber den Staatsanwaltschaften. Da ist aber – auch das gestehe ich zu – selbstverständlich Zurückhaltung angebracht.

Gerade im Hinblick auf die Verschärfung des Führerscheingesetzes und der Straßenverkehrsordnung bei den Alkoholbestimmungen muß aber die weitere Entwicklung der Spruchpraxis in den einzelnen Oberlandesgerichtssprengeln mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden, und zwar dahin gehend, welche Urteile gefaßt werden. Im Rahmen Ihrer Möglichkeit muß auch etwa durch Fortbildungsveranstaltungen für Richter, durch Besprechungen mit Behördenleitern auf eine österreichweit möglichst einheitliche Spruchpraxis hingewirkt werden. Darum, Herr Minister, wollte ich Sie in diesem Zusammenhang ersuchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.40

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Budget 1999 sind für den Justizbereich Mehrausgaben von 376 Millionen Schilling – das ist eine Erhöhung um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr – vorgesehen. Diese Budgeterhöhung liegt zwar über der Inflationsrate, ist aber eigentlich nicht erwähnenswert. Man könnte meinen, daß für das Justizwesen im Jahr 1999 Routine und Geschäftstätigkeit wie gehabt angesagt sind. In Wirklichkeit aber sind für 1999 große Vorhaben geplant, die die Rechtsprechung nachhaltig beeinflussen werden, sobald wir sie hier beschließen werden.

Ich werde mich in meinen Ausführungen aufgrund der Zeitknappheit nur auf das Strafrecht beschränken. Der frühere und von mir sehr verehrte Justizminister Christian Broda hat 1984 in einem Vortrag in Salzburg folgendes festgehalten:

"Rechtsreform in der Demokratie steht im Dienste des Nachziehverfahrens, durch das die Rechtsordnung an die veränderte Gesellschaft angepaßt wird. So ist es, und nicht umgekehrt. Dennoch ist die Änderung der Rechtsordnung im Rahmen und im Zuge des gesellschaftlichen


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