Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 29

Ich kann Kollegen Feurstein verstehen, wenn er sich in diesem Zusammenhang auf die Entlastung der Familien bezieht. Sie ist gut so, aber damit ist in Wirklichkeit gleichzeitig auch der Spielraum für eine echte Steuerreform zur Entlastung der Masseneinkommen, auch jener der Familien, eingeengt worden. Und was wir hier in dem Zusammenhang kritisieren, ist, daß keine Gesamtzusammenschau gemacht wurde; selbstverständlich beides, nicht nur eines von beidem. Es wurde um eines kurzfristigen, auch PR-mäßig verwertbaren politischen Ziels willen die Chance zur Gesamtreform vertan. Denn Mut zur strukturellen Reform dürfen wir nicht erwarten.

Wenn Kollege Feurstein - ich beschäftigte mich mit ihm, weil er unmittelbar vor mir geredet hat - hier seine Sorgen hinsichtlich der Wirkungen einer Ökologisierung der Steuern geäußert hat, so gebe ich ihm schon recht. Es ist bei den niedrigen Masseneinkommen keine unproblematische Sache, wenn aufgrund einer Ökologisierung des Steuersystems tatsächlich unflankiert Energiepreise in die Höhe gehen. Selbstverständlich ist das in dem Bereich, den Sie ansprechen - bei den Pensionisten und so weiter -, nicht unflankiert vorstellbar. Und ich kenne auch niemanden, der das ernsthaft unflankiert verlangt.

Eine Voraussetzung für eine griffige Energiebesteuerung wäre natürlich, daß wir zuerst für Effizienz in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft sorgen. Ich erwähne das deswegen hier, weil ursprünglich morgen so etwas auf der Tagesordnung gestanden wäre, aber mangels Einigung steckengeblieben ist. Wenn wir nämlich effiziente Strukturen hätten und daher im Kern niedrigere Preise, könnten wir, ohne daß es auf die Konsumenten durchschlägt, eine kräftige Steuerquelle eröffnen für die Ökologisierung des Steuersystems und für die Senkung lohnbezogener Steuern und Abgaben. Genau dieses Wechselspiel ist schon zu beachten.

Und daher meine ich: Es wäre mir eine Freude, wenn die Wirtschaftskammer mit Vorbildwirkung vorangehen und zum Beispiel verkünden würde: Wir haben ein Vier- oder Fünfjahresprogramm zur Halbierung unserer Kammerumlagen aufgelegt. Wir wollen schlanker werden, wir wollen effizienter werden, und wir wollen davon wegkommen, daß wir insgesamt 8,4 Milliarden Schilling pro Jahr verbrauchen, ohne daß irgend jemand genau weiß, ob jeder einzelne Schilling davon sinnvoll ausgegeben wurde. Zur Beschaffung von Arbeit wird das Geld bestenfalls nach innen ausgegeben - wohl kaum zur Steigerung der Effizienz der Wirtschaft. Wenn Sie nur 10 Prozent von diesen 8,4 Milliarden Schilling wirklich für Gründungsoffensiven einsetzen würden, dann würden Sie den Namen "Wirtschaftskammer" verdienen. - Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist noch eine Rednerin im Rahmen der Aktuellen Stunde vorgesehen, und zwar Frau Abgeordnete Gabriela Moser.

Da ich soeben einen Vorschlag für eine Dringliche Anfrage erhalten habe, die noch in der laufenden Sitzung verhandelt werden soll, gibt es einige kleine Probleme abzuklären. Ich werde daher nach der Rede der Frau Abgeordneten Moser eine kurze Präsidialsitzung einberufen. Sie wird nur wenige Minuten dauern, und wir werden dann Klarheit haben. - Bitte, Frau Abgeordnete Moser.

12.26

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Senken der Steuern ja, aber Senken der Lohnsummensteuern und Senken der Lohnsteuer - damit wir das differenziert angehen! Wichtiger noch als das Senken der Steuern ist aber das Umschichten. Ich kann beide Argumente, beide Forderungen durch Beispiele sehr gut untermauern, durch Beispiele sehr gut veranschaulichen.

Steuern senken ja, was die Lohnsteuer anlangt. Am Samstag konnten Sie in den "Salzburger Nachrichten" das Beispiel einer Familie mit einem fünfjährigen Kind lesen. Im Jahr 1995 betrug das Bruttoeinkommen 25 000 S, im Jahr 1998 betrug das Bruttoeinkommen 26 430 S. Die gesamtsteuerliche Belastung an Lohnsteuer lag im Jahr 1995 bei zirka 37 440 S, im Jahr 1998 bei 46 272 S. Das ist eine steuerliche Zusatzbelastung bei der Lohnsteuer, die nicht inflationsmäßig abgerechnet ist, diese 2 323 S sind nicht inflationsbereinigt. Das schöpfen Sie von den kleineren und mittleren Einkommen jährlich ab, weil Sie nicht inflationsbereinigen.


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