Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 66

Ich glaube, daß der gestrige Tag am Küniglberg es offengelegt hat - und deutlicher konnte man es nicht zeigen -, daß es den meisten Kuratoren bei der Wahl eines neuen Generalintendanten offensichtlich nicht um eine medienpolitische, sondern um eine parteipolitische Entscheidung gegangen ist.

Schade, daß Herr Klubobmann Khol jetzt nicht da ist, denn ich möchte ihm etwas sagen, wobei ich ihn gerne anschauen würde. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das würde ihn nicht sehr beeindrucken!) Das ist allerdings richtig. - Dr. Khol hat das nämlich in einem APA-Interview zu Weihnachten schon sehr deutlich gemacht, indem er gesagt hat: Die ÖVP überlegt, ob sie einen eigenen Kandidaten - wörtliches Zitat: "einen eigenen Kandidaten" - für die Wahl zum Generalintendanten des ORF aufstellt!

Die weihnachtliche Zeit ist allerdings eine, in der einem dann vielleicht so manches entfleucht, wie ich es einmal sagen möchte. Das war ja auch bei Parteiobmann Schüssel so, als er, befragt, was er denn vom nächsten Jahr für die ÖVP erwarte, gesagt hat, zwei Wahlen werde die ÖVP gewinnen, nämlich die Wahl in Niederösterreich und die Bundespräsidentenwahl. Daß dann nachher der Kandidat als ein scheinbar unabhängiger Kandidat aufgetreten ist, ist wieder etwas anderes. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.)

Sehen Sie, Sie geben es wenigstens zu, indem Sie sagen: Es hat gestimmt, die ÖVP hat gewonnen! - Aber genau das ist der Punkt! Wenn Sie es wenigstens offenlegen, halte ich es ja schon für einen Schritt zur Ehrlichkeit, allerdings zur Ehrlichkeit für ein übles System, und daher brauchen Sie auf diese Ehrlichkeit nicht stolz zu sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wahr ist jedenfalls, daß nicht nur die Kandidaten vereinnahmt werden, sondern daß schon im Vorfeld die Motivation eine aus der Parteizentrale ist. Doch das hat ja nicht nur der Herr Khol schon zu Weihnachten gesagt, sondern das hat ja auch die Frau Stenzel, ÖVP-Abgeordnete im Europarat, dann im Mai bei den Journalistentagen in Dürnstein bestätigt, indem sie ganz offen gesagt hat: Wir, die ÖVP, werden versuchen, mit der FPÖ eine Wende herbeizuführen!

Das heißt, daß offensichtlich dieser ORF eine Vorfeldorgansation der Parteien ist, daß die Spitzenposition, nämlich die Position des Generalintendanten des ORF, ein politischer Posten ist, der für sämtliche parteipolitischen Verhandlungen offen ist, nach dem Motto: Gebe ich dir den, gibst du mir den! Und wenn wir den wählen, dann muß ich dafür etwas anderes kriegen! Diese Schamlosigkeit in der Offenlegung der parteipolitischen Überlegungen, die mit Medienpolitik nichts zu tun haben, sind kennzeichnend für ein System, das es zu ändern gilt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist daher kein Wunder, daß es keine ernstzunehmenden Kandidaten von außerhalb des Hauses gibt, geschweige denn internationale Medienfachleute, die sich zur Verfügung stellen, die größte und vor allem wichtigste Medienanstalt Österreichs zu führen. Sie sind offenbar nicht bereit - und das kann ja nur für die nicht vorhandenen Kandidatinnen und Kandidaten sprechen -, dieses Spiel mitzuspielen.

Es kann daher nichts anderes passieren, als das, was derzeit eben passiert ist, nämlich daß es nur intern Bewerbungen gibt, und da qualifizierte Personen, die diese Funktion sozusagen als einen Abschluß ihrer Karriere sehen. Ob es nun der Herr Weis oder der Herr Radel ist, man strebt sozusagen am Ende einer internen Karriere, wo man gewöhnt ist, mit diesen Spielregeln umzugehen, diese Position an, und zwar als letzte Krönung, wo man dann an der Spitze offensichtlich diese Spielregeln zur Perfektion bringen kann. Daß das nur Übergangs- oder Notlösungen sein können, ist offensichtlich.

Daß Reformbedarf im ORF vorhanden ist, ist keine oppositionelle Sichtweise, sondern diese Tatsache ist inzwischen notorisch. Das stand zuletzt im Koalitionsübereinkommen vom 11. März 1996. (Abg. Dr. Khol: Sie haben mich vermißt?) "Vermißt" ist zuviel gesagt. Ich hätte Ihnen gerne Ihre eigenen Zitate aus dem weihnachtlichen APA-Interview in Erinnerung gerufen, wo Sie Ihre Meinung offengelegt haben in der Form, daß Sie gesagt haben: Es ist unser Kandidat, den wir für die Generalintendantur des ORF aufstellen werden! Sie sind nicht immer in dieser Form offen, wie Sie es zu Weihnachten waren. (Abg. Dr. Puttinger: Was ist schlecht daran?)


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1