Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 78

hätte, auch in dem Fall, den er nicht erwartet hat, nämlich bei einem Stimmenverhältnis, das gegen ihn spricht. Dazu besteht aber noch Gelegenheit.

Es stimmt, was Sie hier beschreiben: Die Wahl eines Geschäftsführers in dieser Form wäre für jedes Unternehmen, das in einer Konkurrenzsituation oder in einem wirtschaftlichen Wettbewerb steht, etwas Furchtbares. Denn diese Regelung wäre in keinem Bereich, weder im privaten noch im staatlichen noch im öffentlich-rechtlichen, ein guter Weg, um den Besten für eine Geschäftsführung zu finden.

Zur zweiten Frage, zur Umwandlung des ORF in eine AG und den diesbezüglichen Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ: Sie haben natürlich recht, es liegt noch kein Ergebnis der Verhandlungen vor. Sie als Mitglied einer Oppositionspartei sagen natürlich so quasi: Übergebt diese Frage dem Nationalrat, da wird man besser eine Lösung finden. - Das Wesen einer Koalition ist, daß zwei Partner versuchen, gemeinsam zu regieren und auch Probleme gemeinsam zu lösen. Sie müssen den Regierungsfraktionen zugestehen, daß sie zuerst versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Daß es manchmal dem einen oder dem anderen zu lange dauert, das gestehe ich auch zu. Uns dauert es in dieser Frage zu lange. Aber daß man versucht, einen Kompromiß zu finden, ist das Wesen einer Zusammenarbeit. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

In einer Frage, Frau Kollegin Schmidt, haben Sie wirklich unrecht: Es stimmt zwar, daß es eine kurzzeitige Irritation - auch beim Koalitionspartner - über die Frage, ob die Umwandlung in die AG die Möglichkeit eröffnen sollte, daß man auch Anteile verkaufen kann, hervorgerufen durch einen Zeitungsbericht, gab. Aber diese Irritation wurde dadurch sofort beseitigt, daß klargestellt wurde, daß es der SPÖ bei der Umwandlung in die AG nie darum gegangen ist, eine Verkaufsmöglichkeit oder Beteiligungsmöglichkeit für private Seiten, Banken oder ausländische Unternehmen zu schaffen, und sie auch dazu bereit wäre, gesetzlich festzuhalten, daß nur der Bund oder die Länder als Eigentümer in Frage kommen.

Es ist nicht so, daß die Umwandlung in die AG den Verkauf ermöglichen soll. Vielmehr steht Umwandlung in die AG quasi als Synonym für etwas Inhaltliches. Es geht nicht so sehr um das Aktienrecht an sich, es geht nicht so sehr um die Eigentums-, Verkaufs- und Beteiligungsmöglichkeit, es geht nicht darum, an die Börse gehen zu können, sondern es geht darum, daß man innerhalb des Unternehmens anders agieren kann als heute. Es soll nicht so sein wie heute, daß nämlich alles verboten ist, was nicht ausdrücklich im Unternehmen erlaubt ist. Vielmehr soll es umgekehrt sein: Es soll einem Unternehmen alles erlaubt sein - auch bei neuen Geschäftsfeldern -, was nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber verboten wurde. Es geht darum, daß man moderner agieren kann. Der Geschäftsführer soll in dem Bereich, in dem er die Verantwortung trägt, auch durchgreifen können. Es sollen neue Geschäftsfelder erschlossen werden können.

Dafür ist die AG ein Synonym. Es geht also nicht so sehr um die Möglichkeit, als Aktiengesellschaft auf dem Markt zu agieren, sondern es geht darum, in der Führung des Unternehmens selbständig agieren und alle Möglichkeiten ausschöpfen zu können. Bitte verstehen Sie das in diese Richtung! Es geht uns nur darum, daß die Möglichkeiten für die Geschäftsführung, im Unternehmen zu agieren, verbessert werden.

Zur Frage öffentlich-rechtlich kontra kommerziell: Ich glaube, es wird sehr oft etwas dargestellt, was der Realität nicht entspricht. Wie ist es in Wirklichkeit? - In Wirklichkeit stellt sich die Entscheidungsfreiheit, die Sie der Öffentlichkeit vorspielen, nicht. Von den Gesamteinnahmen des Unternehmens ORF inklusive Erlösen für das Jahr 1997 entfielen 44,7 Prozent auf die Gebühren. Also weniger als die Hälfte der Gesamteinnahmen stellen die Gebühren dar. Bei der ARD sind es nicht 4,5 Milliarden Schilling, sondern 55 Milliarden Schilling, die dieser Sender an Gebühren einnimmt, das sind 91 Prozent der Gesamteinnahmen. Beim ZDF kommen 88 Prozent der Gesamteinnahmen aus Gebühren, beim Schweizer Fernsehen 76 Prozent und bei der BBC, wie wir wissen, 100 Prozent. Also es ist nicht so, daß der überwiegende Teil der Einnahmen - so wie bei unserem Nachbarn und England, bei denen der Anteil zwischen 76 Prozent und 100 Prozent ausmacht - aus den Gebühren rekrutiert wird, sondern weniger als die Hälfte der Einnahmen des ORF kommen aus den Gebühren. (Abg. Mag. Kukacka: Derzeit mehr als die


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