Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 82

einem Jahr auf das andere, von einer Regierungserklärung zur anderen eine Erneuerung - es geschieht jedoch nichts!

Im Bereich des privaten terrestrischen Fernsehens wird von einem Kanzler zum nächsten die Versprechung abgegeben, die für Österreich peinliche Situation, ein menschenrechtswidriges Monopol aufrechtzuerhalten, endlich zu beseitigen - es geschieht jedoch nichts!

Im Bereich der Werbesteuern geht man so weit, daß man die werbetreibende Wirtschaft in Österreich schwer behindert und gegenüber der EU-Konkurrenz schwer benachteiligt. Man verspricht uns eine Lösung, eine Regierungsvorlage, eine Gesetzesänderung in vielen Bereichen - es geschieht jedoch nichts!

Genau das geschieht auch bezüglich der ORF-Reform, nämlich nichts. Auch da Versprechen, große Interviews Ihres Regierungschefs, der heute nicht zur Behandlung der Dringlichen Anfrage kommt, seitenweise Erklärungen, Versprechen in den Regierungserklärungen; seit Jahren kommt nichts außer beharrlichem Nichtstun. Das ist ein Anschlag auch im Hinblick auf die Arbeitsplatzsituation in Österreich, weil hier aus Parteiinteresse, aus machtpolitischem Interesse ein Wirtschaftsbereich in dieser Weise behandelt wird. Das ist wirklich eine peinliche Situation, ein mehr als fahrlässiges Vorgehen gegenüber dem Steuerzahler, gegenüber dem Bürger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man die spezielle Situation des ORF betrachtet und einen Vergleich mit Konkurrenzunternehmen im deutschsprachigen Ausland anstellt, kann man feststellen, daß es hier zirka 3 000 festangestellte Mitarbeiter gibt und daß sich der ORF nach den mir vorliegenden Zahlen aus 52 Prozent Gebühren einerseits und 48 Prozent Werbung andererseits finanziert. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) - Aber Sie haben schon recht, Herr Abgeordneter, es ist nicht tragisch, ob das 48 und 52 Prozent oder umgekehrt ist. Wenn man aber die mittelfristige Finanzvorschau des ORF zur Grundlage nimmt ... (Abg. Schieder: Ich habe die Gesamterlöse! Ich habe nicht nur Werbung und Gebühren, sondern ich habe die Erlöse, Gesamteinnahmen und Anteil der Gebühren an Gesamteinnahmen! Das sind 44,7 Prozent ...!) Das mag auch so in Ordnung sein.

Wie immer das Verhältnis auch in der Feinabstimmung ist, entscheidend ist: Die mittelfristige Finanzvorschau des ORF gibt ganz klar darüber Auskunft, daß ein 30 prozentiger Rückgang an Werbeeinnahmen zu erwarten ist. Wir alle wissen sehr genau, daß dieser Rückgang von 30 Prozent auf einer optimistischen Vorausschau beruht, und wir wissen auch, daß der ORF nicht - so wie andere Unternehmen - auf der grünen Wiese erbaut werden kann, sondern daß er Mitarbeiter verpflichtet hat, daß er in Vertragsverhältnissen steht und daß die Möglichkeiten, was Einsparungspotentiale betrifft, bescheiden sind.

Aber wir wissen auch, daß die Gebühren nicht ständig hinaufgeschraubt werden können, daß es da bereits mehr oder weniger eine Plafondierung gibt. Deshalb ist es wiederum fahrlässig, hier die Augen zu verschließen und Konkurrenz mit Gewalt hintanzuhalten. Man versucht mit allen Mitteln, den ORF in seiner Monopolsituation zu erhalten. Solange es irgendwie geht, möchte man diesen Zustand erhalten. Das ist keine Lösung für die Zukunft, der ORF wird in dieser Form in der Zukunft nicht finanzierbar sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man hier Wege sucht, über andere Gesellschaftsformen - zum Beispiel über die Aktiengesellschaft, mit den Aktionären aus den Ländern und so weiter, über Aktionärsnachschüsse und so weiter - die Finanzierung des ORF aus Steuermitteln aufrechtzuerhalten, so werden wir Freiheitliche solche Wege nicht mitbeschreiten können.

Man muß die strukturellen Schwächen des ORF in Angriff nehmen. Auch hier ein Vergleich. Wenn man den RTL zum Vergleich heranzieht: ein Vollprogramm für Deutschland, mitten in der Auseinandersetzung mit der Konkurrenz, 800 Mitarbeiter und zirka 1 Milliarde Gewinn. Auf der anderen Seite steht der ORF: statt 800 3 000 Mitarbeiter, zwei Vollprogramme und im Schutz des Monopols eine - sagen wir einmal - plus/minus ausgeglichene Bilanz; heuer eine sehr positive, aber dies vor allem deshalb, weil die Regionalradios erst später in Betrieb gegangen sind.


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