Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 88

meine lieben Kolleginnen und Kollegen vom Liberalen Forum und von den Grünen! Denn sich hierherzustellen und quasi zu sagen, Sie hätten überhaupt keine Beziehung zur Macht, das nehme ich Ihnen einfach nicht ab. (Abg. Dr. Schmidt: Wer hat das gesagt?) Vielleicht ist es aufgrund Ihrer Machtlosigkeit im Moment so, aber die Perspektive muß doch diejenige sein, daß auch Sie Macht ausüben wollen, um an der Verwirklichung der Programme mitzuwirken, die Sie vorhaben.

Was ich an diesen Diskussionen so reizend finde, ist, daß es immer so dargestellt wird oder etwas davon mitschwingt: Macht ist bäh, und die Parteien, die sie gerade ausüben, sind bähbäh. (Abg. Mag. Peter: Mißbrauch ist bähbäh!) Weil es eine große Koalition ist, ist es selbstverständlich bähbäh. Aber das ist zu einfach, so kann man das Thema in Wirklichkeit nicht diskutieren. Daher hat das auch seine Auswirkungen auf die medienpolitische Debatte.

Liebe Kollegin Schmidt! Sie stellen - Ihre Nachredner haben es kaum anders gemacht, sie haben es nur ein bißchen phantasielos variiert, aber im Prinzip das gleiche gesagt - auf die eine Seite die Medienpolitik und auf die andere Seite die Parteipolitik, und Sie stellen auf die eine Seite den ORF und auf die andere Seite die Parteipolitik.

Man kann jetzt für das Kuratorium sein oder nicht. Ich bin nicht für diese Form, denn ich finde, das schadet dem Unternehmen. (Abg. Dr. Schmidt: Da sind wir uns doch einig!) Ich bin dafür, daß es eine andere Rechtsform bekommt, und bin aus langer, leidvoller Erfahrung meiner Mitgliedschaft im Kuratorium der Meinung, daß man dort wirkliche Reformen durchführen sollte. Aber daß Sie - übrigens selbst Mitglied des Kuratoriums - sich herstellen und so tun, als hätten irgendwelche Wegelagerer oder Seeräuber den ORF besetzt (Abg. Dr. Schmidt: Parteipolitiker!), und zwar unter dem Titel "Hier herrscht die Parteipolitik", das ist bitte auch demokratiepolitisch bedenklich! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. - Abg. Dr. Schmidt: Da hast du nicht zugehört, Josef!)

Denn ich muß Ihnen sagen: Die Parteien werden letztlich gewählt, die Parteien sitzen hier herinnen, und die Parteien haben den repräsentativ-demokratischen Auftrag, in diesem Land zu gestalten und Macht verantwortungsvoll umzusetzen. (Abg. Dr. Kier: Weiß das auch Frau Stenzel?)

Damit kommen wir zum nächsten Punkt. Mir ist lieber, der Kukacka sitzt - wo auch immer - im ORF drinnen, als die Murdochs, die Bertelsmänner und wer sonst noch alles. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr gescheit!) Nicht, daß ich den Kukacka liebe, aber ich finde, beim Kukacka weiß ich, woran ich bin. Wenn ich schon mit den "Bertelsmännern", den Murdochs, den Dichands und so weiter ... (Abg. Dr. Kier: Das ist beim Kukacka nicht schwer!) Mir ist es auch lieb, daß Herr Frischenschlager drinnen sitzt, das ist alles okay. In welcher Form auch immer soll sich diese Demokratie dort wiederfinden, von mir aus auch in dem wichtigsten Gremium. Das muß nicht in dieser Form, nicht in der Kuratoriumsform sein, aber grundsätzlich sollte es doch in unser System eingebettet sein. Ich bin jedoch dagegen, darüber zu philosophieren, den ORF quasi auf den privaten Markt zu werfen und zu sagen: Jetzt kommen die Fähigen, jetzt wird es toll, jetzt kommen die Privaten!

Ich höre genau zu: 88,6, 102,5, alle diese "Komma-Komma" habe ich mir angehört. Ich weiß nicht, was dort viel besser ist als in Ö 3 des ORF. (Abg. Dr. Schmidt: Darum geht es nicht! Es geht um die parteipolitische Spielwiese, nichts anderes!) Aber es ist okay, wir haben das eingeführt, warum auch nicht! Sie sollen sich jetzt bewähren. Irgendwann wird ein Teil von ihnen wieder zusperren, aber Faktum ist, daß es die Möglichkeit geben soll. Es wäre auch nicht möglich, das zu verhindern. Ich war selbst einer, der sogar offensiv dafür war, es zu ermöglichen. Aber wo bitte - quasi als Kultursprecher darf ich diese Anmerkung machen - ist da qualitativ der ganz große Unterschied? (Abg. Dr. Khol: Da gibt es nur Ö 1!)

Das hängt auch mit dem berühmten Ruf nach dem terrestrischen Fernsehen zusammen, wie es Meischberger immer macht: Er sagt, da will er die "Wiener Zeitung", ORF 1 soll sich am besten keiner mehr anschauen, und dann kommt das Private. (Abg. Dr. Schmidt: Du verfehlst das


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