Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 23

Zweitens - das ist auch immer wieder sehr brauchbar -: die Zahlen betreffend Löhne und Gehälter: Früher lagen die Zahlen betreffend Löhne und Gehälter unter 10 000 S brutto. Das waren noch jene Zeiten, als in den Gewerkschaften die Forderung nach 10 000 S brutto als die Forderung schlechthin auf der Tagesordnung gestanden war. Inzwischen sind diese 10 000 S nicht mehr auf der Tagesordnung, sondern nur noch jene Löhne und Gehälter, die unter 12 000 S liegen. Kollege Koppler! Ich bin überzeugt davon, daß es da auch noch einige gibt, die jetzt unter der 12 000 S-Grenze liegen, die weniger als 10 000 S verdienen. Somit haben wir ein Problem.

Das eigentliche Problem bei dieser Zahl ist aber folgendes: Es gab im Jahre 1996 226 000 Menschen in Österreich, die für Vollzeitarbeit beziehungsweise für das Vollzeitarbeitäquivalent - also wenn sie nur Teilzeit arbeiten, aber für Vollzeitarbeit bezahlt würden - weniger als 12 000 S verdient haben. 226 000 Menschen, also eine Viertelmillion! Was noch erstaunlicher ist, ist die Tatsache, daß es im Jahre 1995 nicht viel mehr waren, nämlich 240 000 Menschen. Das heißt - auch wenn es eine stufige Entwicklung seit Ende der achtziger Jahre gibt; diese war zu Beginn noch mit Sprüngen von 60 000 oder 70 000 pro Jahr angesetzt, die dann abnahm -, daß es jetzt zu einem Ende kommt.

Meine Damen und Herren! Das ist eigentlich ein gravierender Einschnitt. Das richtet sich vor allem an die Adresse der Kollegin Gatterer: Es gibt keinen Grund zur Freude, wenn nach wie vor eine Viertelmillion Menschen in diesem Land für Vollzeitarbeit nur 12 000 S brutto verdient. Ich muß Ihnen nicht vorrechnen, was das netto bedeutet, was tatsächlich übrigbleibt, was von diesem Betrag von nicht einmal 10 000 S alles bezahlt werden muß. Ich nehme an, daß Sie es wissen. Man kann doch nicht sagen, daß in einem Land wie Österreich, das durchaus über einen bestimmten Reichtum, über ein bestimmtes Wohlstandsgefälle verfügt (Abg. Koppler: An die Adresse von Stummvoll!) - auch an den Herrn Stummvoll, aber nicht nur an ihn (Abg. Dr. Stummvoll: Was denn?) -, ein Einkommen von 10 000 S netto pro Monat für 40 Stunden Arbeit pro Woche - Herr Kollege Stummvoll, auch wenn Sie jetzt die Büßermiene aufsetzen, es ist so - ausreichend ist. In dieser Frage ist man nicht weitergekommen. Eine Viertelmillion Menschen verdient nach wie vor fast unverändert unter 10 000 S. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Frau Kollegin Bauer! Ich habe Sie nicht verstanden. (Abg. Rosemarie Bauer: In der morgigen "Krone" steht noch eine Berufsgruppe!) Da steht noch eine Berufsgruppe. Das kann schon sein. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß es nichts gibt, was - wenn man diesen Bericht liest, stellt man das fest - die Arbeit der Bundesregierung wirklich auszeichnen würde, Frau Kollegin Gatterer. Da ist wenig vorhanden, was Anlaß zu befriedigendem Selbstlob gäbe. Das waren nur zwei Zahlen.

Ich nenne Ihnen noch eine dritte Zahl; das ist jene, die mich eigentlich beunruhigt, obwohl ich nicht glaube, daß man unter dem Thema Soziales nur über Armut diskutieren soll. Da möchte ich mich auch von Herrn Kollegen Kier etwas unterscheiden. Diese Zahl ist tatsächlich beeindruckend, sie wurde auch schon genannt. Es gibt, wie in diesem Sozialbericht steht, in Österreich 410 000 Menschen, die arm sind, wo also aufgrund von bestimmten Faktoren herausgerechnet wurde, daß sie tatsächlich arm sind. Sie sind nicht nur einkommensarm, sondern man kann sie ruhig als tatsächlich arm bezeichnen. Das sind gut 5 Prozent der Wohnbevölkerung.

Die Frage ist nun - und da kann man lange in diesem Sozialbericht blättern - folgende: Woher erfahren diese 400 000 Menschen durch irgendein soziales Netz, das für sie gespannt wurde, oder eine soziale Hängematte Unterstützung? Wo landen diese 400 000 Menschen? - Da sie arme Menschen sind, die durch die anderen sozialen Systeme irgendwie durchgerasselt sind, müßten sie doch in der Sozialhilfe landen. Da schaut es aber noch finsterer aus. In der Sozialhilfe können sie nicht gelandet sein, denn im Rahmen der Sozialhilfe werden für diese Personengruppe von 400 000 Menschen - wenn man diese Zahl, die Ziffer 8 bei den Sozialausgaben der Länder für Dauerunterstützte und Mitunterstützte im Rahmen der Sozialhilfe, einigermaßen ernst nimmt - 1,3 Milliarden Schilling pro Jahr ausgegeben. Das ist eine Zahl, die sich auf das Jahr 1995 bezieht, die im Jahre 1994 noch 1,7 Milliarden Schilling betrug. Ich weiß schon, daß diese Zahlen nicht genau sind. Da gibt es nach wie vor das Problem völlig unterschiedlicher Datensätze der Länder.


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