Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 49

und Unternehmungen, die wirtschaftlich handeln müssen, werden vermutlich in großem Ausmaß darauf zurückgreifen.

Ich halte diese Unterbringungsaktion, die Milliarden kostet, für den Versuch - und noch dazu für einen sehr untauglichen Versuch -, sich an den Strukturreformen vorbeizuschwindeln, die auch von Ihrer Seite schon sehr lange eingefordert werden. Das ist meiner Meinung nach doch etwas kurios. Wir haben in den Ausschüssen der befaßten Ministerien viele, viele Anträge liegen. Aber ungeachtet dieser Anträge wird jetzt in einer echten Nacht- und Nebelaktion - wenn ich auch Verständnis dafür habe, daß wir junge Leute beschäftigen müssen - dieses Gesetz beschlossen und über die Hintertüre etwas eingeführt, wofür der Mut und der Reformwille für eine wirkliche Regelung leider fehlt.

Ich sage noch einmal: Dieses Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz hat für mich viele Mängel, und zwar nicht nur Qualitätsmängel. Herr Kollege Nürnberger! Sie haben mit Freude auf die drei Ausschußfeststellungen hingewiesen. - Ich meine: Wenn man für ein Gesetz drei Ausschußfeststellungen braucht, dann ist das für mich ein Zeichen dafür, daß trotz anscheinend intensiver Verhandlungen schlampig gearbeitet wurde. Klarheit und Rechtssicherheit werden meines Erachtens dadurch in Frage gestellt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Einerseits organisieren Sie diese sozialpartnerschaftlich zusammengesetzten Landesprojektgruppen, gleichzeitig haben Sie aber selber Sorge, daß das System zu bürokratisch sein könnte, sodaß Sie eine Ausschußfeststellung formulieren, wonach beim Nichtzustandekommen einer Entscheidung die zuständigen Bundesminister rasch und unbürokratisch eine entsprechende Entscheidung herbeiführen werden. Frau Ministerin, ich sage nur der Ordnung halber: Auch Sie sind damit gemeint!

In einer weiteren Ausschußfeststellung wurde klargemacht, daß als Träger dieser Lehrgänge und Stiftungen - einmal mehr - eigentlich nur WIFI und BFI eingesetzt werden können.

Herr Kollege Peter wird noch auf viele Ungereimtheiten in diesem Gesetz und offene Fragen in diesem Zusammenhang zu sprechen kommen.

Auch ich bin dafür, daß die Schulen Räume unentgeltlich zur Verfügung stellen. Aber denken wir an Landesschulen, denken wir an Betriebskosten und denken wir daran, daß wir Teilrechtsfähigkeit und finanzielle Autonomie haben, wodurch Schulen auf diese Mittel angewiesen sind, wie es im Budget grundsätzlich vorprogrammiert wurde. Man hat das vorher so eingeführt, und jetzt müssen diese Pflichtschulen das unter Umständen ausbaden.

In einem Punkt kann ich Kollegen Dolinschek nur recht geben: Der Unterschied zwischen den Entschädigungen für junge Leute ist schon kurios genug, es ist jedoch nicht erklärbar, daß es in diesem Fall überhaupt eine finanzielle Entschädigung gibt. Erklären Sie mir, warum eine Handelsschülerin in der ersten Klasse keine Entschädigung bekommt! Es wird ihr, falls sie übertritt, im Rahmen einer Lehrlingsausbildung ein Jahr Handelsschule zur Gänze angerechnet. - Das können Sie nicht erklären, und ich meine, Sie sollten das so nicht einführen.

Ich sehe, daß meine Redezeit leider schon vorbei ist. Abschließend sage ich noch einmal: Ich halte das vorliegende Ergebnis für beschämend. Ich kann nicht verstehen, daß die SPÖ so blind ist gegenüber der Vorlehre, wie sie im Berufsausbildungsgesetz festgehalten ist: Ein Jahr lang innerhalb von zwei Jahren werden Bildungsinhalte vermittelt, und angerechnet wird dem Lehrling, falls er übertritt, ein Viertel dieser Zeit. Allein schon deshalb ist für mich die Durchlässigkeit eine Fiktion. Ich hätte mir für diese Vorlehre einen zumindest zweijährigen Aufbau gewünscht, denn innerhalb von zwei Jahren soll sozusagen ein Jahr vermittelt werden. Aber die Bildungsinhalte des ersten Jahres der Berufsschulen - ich habe lange genug in diesen unterrichtet - gehen über Hilfsarbeiterniveau wirklich nicht hinaus, und das tut mir für diese jungen Menschen leid. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. - Bitte.


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