Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 47

genannt. Manche, die diese sprachliche Phantasie nicht entwickelt haben, haben gemeint, es sei geschummelt worden. - Auch da wurden die Voraussetzungen nicht erfüllt: Nichtgenügend!

Herr Bundesminister, ziehen wir Bilanz: Nur Dänemark, Finnland ... (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. - Abg. Smolle: Hat der Rosenstingl auch eine "kreative Buchhaltung"?) Warum regen Sie sich auf? Das sind Fakten, meine Herren!

Nur Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich haben annähernd eine uneingeschränkt und dauerhaft tragbare Situation erreicht. Ist Dänemark beim Euro dabei, Herr Bundesminister? - Nein, Dänemark ist nicht dabei. Ist das Vereinigte Königreich dabei? - Nein, es ist auch nicht dabei. (Abg. Dr. Nowotny: Überraschung! Überraschung!)

Herr Bundesminister! Es ist bemerkenswert, daß gerade jene Länder, die die Voraussetzungen objektiv erfüllen, jetzt an der gemeinsamen Währung nicht teilnehmen. Das sollte Ihnen doch zu denken geben! (Zwischenruf der Abg. Dr. Krammer.) Sehr wohl dabei sind jedoch Belgien mit einer Staatsverschuldung von über 120 Prozent und Italien mit der kreativsten Buchhaltung der Welt und einer Staatsverschuldung von ebenfalls über 120 Prozent. Das ist geradezu unglaublich! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

In Anbetracht dessen, daß die Bundesregierung den Vorsatz hat, gleichzeitig mit der Einführung der gemeinsamen Währung hohe beschäftigungspolitische Ziele zu erreichen, muß ich Sie fragen, Herr Bundesminister, wie denn das zusammenpaßt. - In der Europäischen Union gibt es derzeit 20 Millionen Beschäftigungslose. In der Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft soll diese Zahl massiv gesenkt werden. Schüssel hat gesagt, bis Ende des Jahres werde bereits 1 Million Arbeitsplätze geschaffen worden sein. - Ich bin gespannt darauf, wie das bei gleichzeitiger Einführung des Euro funktionieren wird.

Bringt der Euro in nächster Zeit positive Impulse für die Beschäftigung? - Nein, Herr Bundesminister, mit Sicherheit nicht! Der Wettbewerb wird sich verschärfen - manche begrüßen das auch -, das heißt, viele neue grenzüberschreitende Fusionen werden zusätzliche Arbeitsplätze kosten, nicht bringen. Die nationalen Regierungen und Parlamente werden weiter an Einfluß verlieren. Das ist Ihnen aber recht, denn damit haben Sie keine Schuld mehr an der folgenden Entwicklung. Sie können sagen, daß nicht Sie, sondern "die in Brüssel" und viel mehr noch die Multis die Handels- und Wettbewerbspolitik bestimmen. Diese Handels- und Wettbewerbspolitik wird aber Arbeitsplätze kosten - und keine Arbeitsplätze bringen. Das kann ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen!

Die Macht der Märkte wird die Macht der Politik ersetzen. Ihnen bleibt in Hinkunft nur die Möglichkeit, das Tanzbärengesetz zu novellieren - und sonst nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.14Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nun Herr Bundesminister Edlinger zu Wort gemeldet. - Bitte, Herr Minister.

11.15Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde es mir natürlich nicht zur Gewohnheit machen, jemandem, der mich direkt anspricht, immer sofort zu antworten, aber in diesem Fall muß ich das tun, da soeben Dinge mit einer so unglaublichen Selbstüberschätzung im Brustton der Überzeugung (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP) dargelegt worden sind, daß einem der Betreffende fast schon leid tun kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es noch nie erlebt, daß man aus einem sehr ernsthaften Dokument wie dem EWI-Bericht das herauslesen kann, was Herr Abgeordneter Schweitzer gerade getan hat. Nicht die österreichische Bundesregierung oder irgendeine andere nationale Regierung hat entschieden, daß wir die Kriterien erfüllen, wir haben uns nicht selbst beurteilt, sondern wir Österreicher haben uns - wie andere auch - in einem sehr ernsthaften Konvergenzprozeß in den letzten vier Jahren massiv bemüht, die dem Maastricht-Vertrag zu


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