Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 52

11.32Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, daß mit dem Euro ein Meilenstein zur europäischen Integration gesetzt wird. Viele hatten ihre Zweifel daran, ob es möglich sein wird, die großen Anstrengungen, die die Mitgliedstaaten unternehmen mußten, tatsächlich zu einem guten Ergebnis zu bringen.

Ich meine, es waren letztlich viele überrascht, daß es elf Staaten geschafft haben, die Maastricht-Kriterien zu erfüllen. Das ist ein Beweis dafür, daß, wenn man sich innerhalb der Europäischen Union auf eine gemeinsame Zielsetzung einigt, die politische Dynamik zum Erfolg führen kann. Die Einführung des Euro ist selbstverständlich ein großer integrationspolitischer Erfolg, aber der Euro ist nicht das Ende dieser Entwicklung, sondern letztlich ein Zwischenschritt.

Mit dem Euro wird nämlich ein neues Kapitel aufgeschlagen, nämlich das Kapitel einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik. Wir alle wissen, daß die nächsten Schritte vor allem in Richtung Beschäftigungspolitik und Steuerharmonisierung gesetzt werden müssen.

Der Euro ist aber auch - und das ist ganz wichtig! - ein Instrument, das Druck in Richtung verstärkter politischer Integration in der Europäischen Union ausüben wird. Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß der Euro gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank lange ohne entsprechende politische Koordinierungsmaßnahmen alleine bestehen wird können. Das heißt, es wird Druck auf verstärkte politische Integration geben. Das erachte ich nicht nur als einen notwendigen, sondern auch als einen höchst positiven Prozeß. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurden in der heutigen Debatte von einigen Vertretern der Freiheitlichen Partei Aussagen gemacht, die vom Finanzminister bereits in geeigneter Art und Weise qualifiziert wurden. Kollege Trattner hat auf die großen Verdienste der Freiheitlichen in der Debatte um den Euro hingewiesen. Was ist dazu zu sagen? - Zu fordern, weniger Beiträge innerhalb der Europäischen Union zahlen zu wollen, ist keine allzu große Kunst. Bedeutend schwieriger ist es jedoch, in einer solidarischen Aktion innerhalb der Europäischen Union diese niedrigeren Beiträge auch durchzusetzen und zu verhandeln.

Sie haben weiters gemeint, schon immer darauf hingewiesen zu haben, daß eine Steuerharmonisierung erforderlich sei. - In diesem Punkt unterscheiden wir uns nicht. Nur: Man muß auch feststellen, daß im Rahmen einer Art Tagesordnung der Europäischen Union ein Schritt nach dem anderen erfolgen muß. Für den Euro wurde in den Verträgen von Maastricht bereits die Grundlage geschaffen, er wird daher jetzt Wirklichkeit. Der nächste Schritt wird ganz sicher eine Steuerharmonisierung sein. (Abg. Mag. Trattner: Da geht es um Prioritäten!) - Natürlich! Aber die Prioritäten wurden in den Verträgen festgelegt und, wie Sie wissen, wurden diese Verträge in Österreich mit einer Zweidrittelmehrheit approbiert.

Ein letzter Punkt, Herr Kollege Trattner, weil ich glaube, daß Sie da anderer Auffassung sind als viele Mitglieder Ihrer Fraktion. Ein grundsätzlicher Unterschied ist nach wie vor nicht ausgeräumt und kommt immer wieder zum Vorschein. Offensichtlich sind einzelne Leute in Ihrer Fraktion nach wie vor der Meinung, daß das Konzept der europäischen Integration nicht besser ist als das Konzept einer stärkeren eigenen nationalstaatlichen Verantwortung. - Das ist meiner Ansicht nach der politische Punkt, der hier zu diskutieren wäre: Überlebt man wirtschaftspolitisch besser alleine - oder überlebt man besser im Zuge der gesamten Europäischen Union, auch auf den Weltmärkten?

Einige Ihrer Leute setzen auf den Nationalismus. Wir setzen auf die europäische Zusammenarbeit. (Abg. Mag. Trattner: Darüber sollte man diskutieren!) Genau diesen politischen Kernpunkt wird man ausräumen müssen. Diese Defizite kommen zwar nicht in Ihren Debattenbeiträgen, Kollege Trattner, aber in jenen anderer Freiheitlicher immer wieder zum Vorschein. Kernfrage ist und bleibt: Ja oder nein zu Europa? Erst mit einem Ja zu Europa werden die Beiträge der Freiheitlichen Partei auch im Detail glaubwürdiger werden. (Beifall bei der SPÖ.)

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